Eine Datenauswertung zur ersten Alarmphase des Jahres zeigt, dass die gesundheitsschädlichen Partikel sich unterschiedlich verbreiten. Sie bestätigt die relativ niedrigen amtlichen Messwerte – und zeigt, wie wichtig Wettereinflüsse sind.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Stuttgart - Mit dem guten Wetter ist am Montagabend auch die erste Feinstaubalarmphase des Jahres in Stuttgart zu Ende gegangen – ohne Überschreitung der Grenzwerte, zumindest laut vorläufigen Messwerten der Landesanstalt für Umwelt (LUBW). Die Behörde veröffentlicht Werte vom Neckartor sowie, seit wenigen Wochen, von einem neuen Sensor an der Hauptstätter Straße. Vergangene Woche wurden am Neckartor im Tagesmittel zwischen 35 und 48 sowie an der Hauptstätter Straße 17 bis 33 Mikrogramm Feinstaub je Kubikmeter Luft gemessen. An der Gnesener Straße in Bad Cannstatt betrugen die Tagesmittelwerte zwischen 17 und 27 Mikrogramm. Der EU-Grenzwert liegt bei 50 Mikrogramm.

 

Die LUBW-Messwerte allein sind relevant dafür, ob laut EU-Recht ein Feinstaub-Überschreitungstag gezählt wird. Sie sagen aber nichts darüber aus, wie hoch die Belastung abseits der Hauptverkehrsachsen ausfällt. Die von der LUBW veröffentlichten gleitenden 24-Stunden-Mittel sind zudem unempfindlich für kurzfristig ansteigende Werte etwa im Berufsverkehr.

Die Daten des Feinstaubradars können eine Ahnung davon geben, wie gut oder schlecht die Luft vergangene Woche im Tagesverlauf abseits der Feinstaub-Hotspots war. Das Feinstaubradar basiert auf den Messergebnissen von mehr als 500 in der Region angebrachten Sensoren des OK Lab. Trotz der nicht an Referenzgeräte heranreichenden Messgenauigkeit können die meist an Wohnhäusern angebrachten Sensoren die Entwicklung der Feinstaubbelastung über den Tag gut abbilden.

Morgens mehr Feinstaub

Die meisten Geräte (42) hängen derzeit in Stuttgart-West – an Hauptverkehrsachsen wie der Schwabstraße, aber auch in Tempo-30-Zonen und Halbhöhenlagen. Hier schlug die Kurve der über alle Sensoren gemittelten Messwerte vergangene Woche regelmäßig vormittags aus. Während des Feinstaubalarms können die Partikel nicht gut entweichen, daher sammelte sich der Feinstaub im Morgenverkehr an. In den verkehrsarmen frühen Nachmittagsstunden sanken die Messwerte, ehe sie im Feierabendverkehr wieder anzogen. Die absoluten Werte lagen auch unter Berücksichtigung von Messungenauigkeiten unterhalb des EU-Grenzwerts.

Außerhalb des Talkessels entwickelte sich die Feinstaubbelastung nach dem gleichen Muster. In Stuttgart-Vaihingen etwa wurden tagsüber am frühen Vormittag die höchsten Werte erreicht; wie im Westen lagen sie unter 30 Mikrogramm. Auch hier fielen die Werte mit Ende des Alarms am Montagabend rapide. Am Dienstag blieben sie bei Wind und feuchter Witterung im einstelligen Bereich. Auch in Degerloch und Bad Cannstatt wurde dieser Tagesverlauf vergangene Woche beobachtet.

Die folgende Grafik zeigt, wie sich die Feinstaubbelastung in der zurückliegenden Woche in Stuttgart-West, Bad Cannstatt, Sindelfingen und Backnang entwickelt hat:

Ein Sonderfall sind die Nachtstunden. Für sie meldet das Feinstaubradar oft hohe Werte. Das mag mit den Emissionen von Kaminen zu tun haben. Jedoch kann auch Nebel die Messwerte beeinflussen – die Sensoren erkennen ihn fälschlicherweise als Feinstaub. Das OK Lab und unsere Zeitung testen derzeit Korrekturmechanismen, die nebelbedingte Messfehler ausgleichen.

Hier sehen Sie, wie viel Feinstaub an Ihrem Ort in der Luft ist

Die Auswertung zeigt auch, dass in Stuttgart mehr Feinstaub in der Luft ist als in der Region. Das gilt für Nachbargemeinden wie Sindelfingen oder Esslingen, aber auch für Herrenberg oder Backnang. Dort ist die Belastung selbst im Berufsverkehr geringer als mittags in Stuttgart.

Die Daten aus der zurückliegenden Woche zeigen beispielhaft, dass die Feinstaubwerte besonders im Berufsverkehr ansteigen – in den Gemeinden in der Region wie auch im Stadtgebiet Stuttgart. Dabei kriegen die Stuttgarter im Schnitt den meisten Feinstaub ab, wenngleich die Werte während des jüngsten Feinstaubalarms überall im gesetzlichen Rahmen blieben.

Ist der Feinstaubalarm obsolet?

„Die Stadt ist nicht überall belastet, sondern vor allem an stark befahrenen Straßen“, kommentiert eine Sprecherin der Stadt die aktuellen Werte. Der Feinstaubalarm stehe aber nicht zur Disposition – die Saison sei ja noch nicht zu Ende und man rechne weiter mit austauscharmen Winter-Wetterlagen. Zudem sei der Alarm die Voraussetzung, die Befeuerung von Komfortkaminen zeitweise zu untersagen.

Die mittlerweile tagesaktuell veröffentlichten, verglichen mit dem Neckartor erfreulichen Messwerte an der Hauptstätter Straße will die Sprecherin noch nicht kommentieren. Auf keinen Fall dürfe die Stadt nachlassen, bis die Grenzwerte komplett eingehalten werden. Aber, so die Sprecherin, „neben den zahlreichen Maßnahmen gegen Feinstaub hatten wir auch schlicht Glück mit dem Wetter“. Was in dem Fall eben Wind und Regen bedeutet.