Das Ende kam überraschend: Am Mittwoch wurde bekannt, dass der beliebte Stuttgarter House-Club KimTimJim seine Pforten wegen baurechtlicher Mängel ab sofort schließen muss. Zwar war das Projekt ohnehin nur temporär angelegt, die Betreiber hatten aber bis Ende März bereits Programm geplant. Stößt das Ende des Clubs jetzt eine neue Diskussion zum Thema Zwischennutzung an?

Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Schlechte Nachricht für alle House-Fans: Am Mittwoch verkündete der renommierte Stuttgarter Club KimTimJim (KTJ) auf seiner Facebook-Seite sein vorzeitiges Aus. Zwar war das Projekt von vornherein temporär angelegt, da das Gebäude dem Breuninger-Neubau weichen muss. Zumindest bis Ende März hatten die Betreiber im ehemaligen China-Restaurant an der Hauptstätter Straße aber ihr Programm anbieten wollen, die nächsten Wochen waren bereits durchgeplant. Die Macher hatten insgeheim sogar die Hoffnung, bis zum Sommer weitermachen zu können.

 

„Das Ende kam jetzt doch sehr abrupt“, sagt Mirko Ruppenstein, der Geschäftsführer des KimTimJim. Am Montag hatte er einen Anruf vom Baurechtsamt erhalten mit der Bitte um eine Ortsbegehung, am Dienstag waren die Beamten im Club, um anschließend zu verfügen, dass der Club wegen einer mangelhaften Fluchtweg-Situation umgehend geschlossen werden muss. Wie so oft in der jüngeren Vergangenheit hat auch im Falle KimTimJim die Konzession den Ausschlag gegeben.

„Das KimTimJim hatte eine Konzession als Gaststätte, als Schank- und Speisewirtschaft. Vor etwa einem Jahr kam die Anfrage, das Lokal auch anderweitig zu nutzen. Eine Nutzung als Diskothek ist aber nicht möglich. Die vorhandenen Räumlichkeiten verhindern dies. Das Baurechtsamt hat deutlich gemacht, welche Auflagen zu erfüllen wären, insbesondere bessere Fluchtwege“, sagt Sven Matis, Sprecher der Stadt Stuttgart. „Das ist wirklich schade. Beim Thema Fluchtwege kann man aber nicht diskutieren. Jeder, der hier etwas zulässt, macht sich selbst strafbar“, ergänzt Hermann Karpf, Sprecher von Ordnungsbürgermeister Martin Schairer.

Verstärkt Kontrollen in den vergangenen Monaten

Wieso hatte man den Betrieb dann aber 13 Monate laufen lassen? „Nachdem die Betreiber vor rund einem Jahr im Bereich Schallschutz einige Maßnahmen vorgenommen hatten, gab es keine Beschwerden wegen Ruhestörung mehr“, erklärt Karpf. In den vergangenen Monaten habe es aber dann doch wieder verstärkt Beschwerden gegeben, daher hätten wieder verstärkt Kontrollen stattgefunden, deren Ergebnis eben nun in der Schließung gipfelten. „Wir haben uns rechtlich sicherlich in einer Grauzone befunden“, gibt Mirko Ruppenstein zu. „Wir waren wohl geduldet, solange sich keiner beschwert hat.“ Finanziell ist das vorzeitige Aus ein Schlag für die Betreiber, schließlich waren bis Ende März Künstler gebucht, denen nun abgesagt werden muss: „Wir sind bemüht, für die bereits gebuchten Künstler Ersatzflächen zu finden und berichten auf unserer Facebook-Seite über den Stand der Dinge“, so Ruppenstein.

Das KimTimJim war in der House-Szene sehr beliebt, wie auch das prall gefüllte „Kondolenzbuch“ auf Facebook zeigt. Ein musikinteressiertes und reiferes Publikum nahm das Programm an der Schnittstelle von Neo-Disco, Deep-House, Electro-Pop und gediegenen Techno dankend an – mehr Liebe, weniger Stampf war quasi die programmatische Ausrichtung. Die hatte in der Stuttgarter Clublandschaft gefehlt und das KTJ eine Lücke geschlossen. Ruppenstein hofft, dass das Club-Ende wenigstens eine grundsätzliche Diskussion über die Vergabe von Konzessionen und die temporäre Bespielung von Gebäuden in Stuttgart anstößt: „Vielleicht kann sich Stuttgart da ja an anderen Städten orientieren, in denen Zwischennutzung ohne größeren Bürokratie-Aufwand möglich ist“, sagt Ruppenstein, der sich als Innenarchitekt mit einem Lehrauftrag an der Hochschule für Technik mit der temporären Nutzung von Gebäuden eingehend beschäftigt hat.

Im Netz kursiert nach dem Ende des Clubs ein offener Brief, indem an den neuen Oberbürgermeister Fritz Kuhn appelliert wird: „Lieber Fritz, hier ergibt sich gerade eine gute Möglichkeit, der Stuttgarter (Sub-)Kultur unter die Arme zu greifen beziehungsweise zu prüfen, ob eine solche radikale Maßnahme gerechtfertigt ist. Mit einem Behördenvorgang die kulturelle Arbeit von mehr als einem Jahr, die musikalische Heimstätte tausender Stuttgarter und eine Musiklocation mit internationalem Ruf auszuknipsen, war bisher in Stuttgart an der Tagesordnung. Wäre es nicht an der Zeit, hier einen neuen Weg einzuschlagen?“ Nicht nur das KimTimJim-Stammpublikum ist gespannt auf die Antwort des OBs.