ESC Bewegende Technik für Künstler und Kulisse

Das Unternehmen Movecat ist mit seinem Baukastensystem für Bühnenkinetik auf Wachstumskurs. Gerade sind sie beim Eurovision Song Contest im Einsatz. Der Firmenchef Andrew Abele versteht sich als typisch schwäbischen Tüftler.
Nufringen - Zum Schluss kommt der Firmenname: Durch eine Schablone sprüht ein Mitarbeiter die Buchstaben Movecat auf den Elektrokettenzug. Etwa zwei Dutzend davon werden gerade an den Werkbänken der Firma in Nufringen montiert. „Sie sind speziell gemacht“, sagt Andrew Abele. Als Beispiel führt der Unternehmenschef die Bremsen der Kettenzüge an. Sie sind verchromt, damit sie auch im schwülheißen Sommer von Schanghai, wo sie zum Einsatz kommen, nicht rosten. Für eine große Fernsehproduktion wurden die Geräte in Nufringen bestellt. In einem anderen Raum testet der Techniker die Funktionsfähigkeit einer kompletten Anlage, die sich eine italienische TV-Firma zugelegt hat. „Es gibt keinen Tag ohne große Show“, erklärt Andrew Abele. Und Movecat soll dabei weltweit eine noch größere Rolle spielen.
Im Moment sind die Geräte in Tel Aviv im Einsatz. Beim Eurovision Song Contest ist die Nufringer Firma seit Jahren dabei. Für den Wettbewerb im schwedischen Malmö vor sechs Jahren schoben die Geräte eine tonnenschwere Brücke über die Köpfe des Publikums hinweg, bei der Ausgabe in Düsseldorf war es die ganze Decke. Auf Bühnenkinetik hat sich Andrew Abele spezialisiert. „Wir bewegen Lasten“, fasst er das Angebot von Movecat zusammen. Vor allem Kettenzüge, Bandzüge und Winden sowie die Controller dafür entwickelt der 80-Mann-Betrieb und baut sie in Handarbeit zusammen. Die einzelnen Module fügen sich zu einem Baukastensystem zusammen. Mehrere Patente sind beim Tüfteln entstanden, mehrere Auszeichnungen als innovatives Unternehmen hat es schon gegeben.
Andrew Abele will die Weltmärkte erschließen
„Die Ehrlich Brothers können mit Nufringer Know-how fliegen“, nennt Andrew Abele das wohl spektakulärste Beispiel. Die Aluminiumkonstruktion hat eine Festigkeit wie Stahl, wiegt aber nur ein Drittel davon. Für die britische Sängerin Adele bastelte der 52-Jährige mit seiner Belegschaft eine Funkfernbedienung, weil ein Kabel auf der Bühne im Weg war – innerhalb von sechs Wochen. Ein Kabel, das mehr als 100 Kilogramm tragen kann, sodass sich daran gleich die Beleuchtung befestigen lässt, kommt aus der Firmenwerkstatt. Ziemlich einfallsreich sind auch die Ketten der Lastenzüge: Statt oval ist ihre Form quadratisch, wodurch sie zehn Prozent mehr Gewicht tragen können. Außerdem funktionieren die Geräte bei allen möglichen Wetterverhältnissen und sind international einsetzbar.
„Wir planen eine Verdoppelung des Outputs“, sagt Andrew Abele. Er will die Weltmärkte erschließen, die USA und Osteuropa sind auf seiner Landkarte noch weiße Flecken. Das Wachstum der Firma sei seit Jahren zweistellig „gegen jeden Trend“. Als logische Konsequenz habe er für die weitere Expansion einen Investor als Mitgesellschafter gewonnen. Seit 35 Jahren ist der Kommunikationselektroniker im Geschäft, bei den ersten Auftritten der Fantastischen Vier war er schon der Technikchef. Seine erste Idee kam ihm zum Song „Lass die Sonne rein“: Dafür machte er die Beleuchtungselemente fahrbar, um den Effekt eines Sonnenaufgangs zu erzielen. Für den Betrieb ging es steil aufwärts, 100 Angestellte beschäftigte er bald. Doch mit den Anschlag auf das World Trade Center kollabierte die Branche: Andrew Abele ging mit nur noch acht Mitarbeitern die Wandlung vom Generalisten zum Spezialisten an. Die Bereiche Vermietung und Installation wurden aufgegeben, die Firma zum reinen Hersteller.
„In Asien kann man billig produzieren, aber die Keimzelle der Innovation ist hier“, sagt Andrew Abele über sein Erfolgsmodell. Um am Markt bestehen zu können, müsse er allerdings ein hohes Maß an Mehrwert bieten – wie die Spezialanfertigungen für Schanghai. Bühnenkinetik ist ein anspruchsvolles Geschäft: Wenn sie nicht funktioniere, sei nicht nur die Show gefährdet, sondern potenziell auch Menschenleben. Manchmal ist der Unternehmer selbst beeindruckt, „was wir in der kleinen Bude in Nufringen für die große weite Welt hinkriegen“.
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