Polizeipräsident Stumpf gerät unter Druck. Ein Protokoll des Einsatzes am 30. September zeigt, dass er in der entscheidenden Phase auf einer Pressekonferenz war, während die Situation draußen eskalierte.

Stuttgart - Zu welchem Ergebnis der Untersuchungsausschuss in seinem Abschlussbericht auch immer kommen mag, eines steht bereits fest: bei dem Polizeieinsatz am 30. September gegen Stuttgart-21-Demonstranten ist ziemlich viel aus dem Ruder gelaufen. Die Verantwortung dafür hat der Polizeipräsident Siegfried Stumpf übernommen, der an diesem Tag oberster Einsatzleiter im Schlossgarten war und damit das operative Kommando hatte. Allerdings war der Polizeiführer zum entscheidenden Zeitpunkt gar nicht am Einsatzort, sondern stattdessen zusammen mit Innenminister Heribert Rech und Umweltministerin Tanja Gönner auf einer Pressekonferenz im Landtag, wie das Protokoll der Ereignisse zeigt:

10 Uhr:
Das Kommunikationsbüro für das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm verschickt am Vormittag des 30. September kurz nach zehn Uhr eine Einladung an alle Medien zu einer Pressekonferenz im Landtag, die für zwölf Uhr angesetzt wird. Kurz zuvor habe die Polizeiführung das Büro unterrichtet, "dass es jetzt losgeht", sagt die Pressesprecherin Ursula Eickhoff. Neben Rech, Gönner und Stumpf stehen auch die Sprecher des Bahnprojekts, Udo Andriof und Wolfgang Dietrich, auf der Liste der Redner. "Wir wollten relativ früh erklären, was im Mittleren Schlossgarten passiert und welche Vorarbeiten dort durchgeführt werden sollen", sagt Ursula Eickhoff.

10.30 Uhr:
Zum offiziellen Beginn des Polizeieinsatzes im Schlossgarten sind dort bereits viele Schülerinnen und Schüler, die sich an diesem Tag zu einer genehmigten Demonstration in der City versammelt hatten. Andreas Feß, der Leiter des Polizeireviers Wolframstraße und an diesem Tag einer der Abschnittsleiter, spricht im Untersuchungsausschuss von einem "sehr starken Personenaufkommen" gleich zu Beginn des Einsatzes. Schon zu dieser Zeit versuchen Polizisten immer wieder, Schüler am Besteigen von Bäumen zu hindern. Einsatzleiter Stumpf räumt später ein, dass die Polizei zu spät in den Park gekommen sei und zu lange gebraucht habe, um die Gitterabsperrungen aufzustellen.

10.48 Uhr:
Im Schlossgarten kommen zwei Hundertschaften der Polizei an.