Burladingens Bürgermeister Harry Ebert äußert sich fremdenfeindlich und beleidigend. Der Gemeinderat reagiert mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde. Trigema-Chef Grupp will vermitteln.

Burladingen - Im Fenster des evangelischen Pfarrhauses hängt gut sichtbar ein Zettel. „Der Bürgermeister dieser Kommune spricht nicht in meinem Namen“ steht darauf. Handschriftlich unterzeichnet von Karin Dinkelacker. Die 55-jährige Pfarrersfrau würde sich wünschen, dass sich noch viel mehr Bürger in Burladingen, der 12 000-Einwohner-Stadt an der Albkante, an der Protestaktion gegen den Rathauschef Harry Ebert beteiligen. „Er könnte jetzt einfach gehen“, sagt die Pfarrersfrau, „er hat sich genug geleistet.“

 

Seit der parteilose 56-Jährige im Amtsblatt der Gemeinde mit der AfD sympathisiert und über eine Unterkunft für Flüchtlinge hergezogen hat, spitzt sich die Situation in Burladingen immer weiter zu. Die Fraktionsvorsitzenden des Gemeinderats sind zurückgetreten und werden eine Dienstaufsichtsbeschwerde einreichen. Ein Disziplinarverfahren des Landratsamts des Zollernalbkreises läuft bereits. Gründe für den Unmut gibt es viele. Nicht nur auf Facebook hat Ebert die Gemeinderäte beschimpft, auch im Gespräch provoziert er immer wieder. „Ebert hat mich persönlich beleidigt“, sagt der frühere Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler Alexander Schülzle, „er verbreitet ständig Häme“.

Eine „Störung in der Selbstwahrnehmung“ diagnostiziert Schülzle dem „narzisstischen Bürgermeister“ und kann sich nicht vorstellen, dass dieser bis zur nächsten Wahl 2023 im Amt bleiben kann. Er habe es an Respekt gegenüber den Ehrenamtlichen fehlen lassen und schade dem Ansehen der Stadt. Ebert hatte seine Gemeinderäte als „Landeier“ und ein Hechinger Internat für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge auf Facebook als „Armleuchterprojekt“ bezeichnet. Ein Besuch des Gemeinderats in der Unterkunft nannte er eine „Asylantenschau“.

Ein tiefer Riss zwischen Gemeinderat und Bürgermeister

Wie die inhaltliche Arbeit in einer Kommune künftig aussehen soll, in der es einen tiefen Riss zwischen dem Gemeinderat mit seinen 24 Mitgliedern und dem Rathauschef gibt, ist offen„Wir machen keine Vorbesprechungen mehr mit Herrn Ebert“, kündigt Schülzle an, „manche Entscheidung wird dann eben länger dauern.“ Auch Dörte Conradi, die zurückgetretene Fraktionschefin der CDU, ist mit ihrer Geduld am Ende. „Die Ausführungen des Bürgermeisters sind sehr populistisch, sie schüren Vorurteile und Ängste.“

Als Vermittler in der verfahrenen Situation hat sich nun der Trigema-Chef Wolfgang Grupp eingeschaltet, der größte Arbeitgeber vor Ort. Der Textilunternehmer lädt den Bürgermeister und die beiden Ex-Fraktionschefs zur Aussprache zu sich nach Hause ein. „Mal sehen, was sich da glätten lässt“, sagt Grupp, „es muss ja schließlich weitergehen in Burladingen.“

Wie in einer Sackgasse angekommen fühlt sich Rosi Steinberg – die ehrenamtliche Stellvertreterin des Bürgermeisters hat einen Antrag auf Entlassung aus ihrer Funktion gestellt. „Die Zukunft wird schwierig“, sagt die 63-Jährige, „ich bin so enttäuscht.“ Mit großem Elan hat sie bisher im Namen der Kommune und des Bürgermeisters den betagten Burladingern zum Geburtstag gratuliert. Sie trank Kaffee, verteilte Blumensträuße und vertrat Harry Ebert bei Albvereinssitzungen oder Seniorennachmittagen. Das will sie nicht mehr machen. „Ich habe den Respekt gegenüber ihm verloren“, sagt Steinberg, „im Geschäftsleben hätte er für sein Verhalten eine Abmahnung bekommen.“

Jetzt droht Ebert ein Verweis vom Landratsamt. „Auch Bürgermeister haben keine Narrenfreiheit“, sagt der Landrat Günther-Martin Pauli, „bei ihnen ist die Messlatte sogar noch höher anzusetzen“. Ebert habe grundsätzliche Anstandspflichten verletzt. Gewisse Umgangsformen seien einzuhalten. Exakt festgeschrieben sind sie im Beamtenstatusgesetz. Das Verhalten von Beamten „muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert“, heißt es dort. Viel Vertrauen haben die Burladinger Räte zurzeit nicht in ihren Bürgermeister, aber Harry Ebert scheint das nur wenig zu stören. Öffentlich äußern will er sich zu der Sache nicht, Anfragen lässt er unbeantwortet.