Seit Jahren sind der Göppinger Oberbürgermeister Guido Till und der Linken Stadtrat Christian Stähle in Abneigung verbunden. Jetzt hat Stähle sogar die Polizei eingeschaltet.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Göppingen - Der jahrelange Kleinkrieg zwischen dem Göppinger Oberbürgermeister Guido Till (CDU) und dem Stadtrat Christian Stähle (Die Linke) steuert auf eine neue Eskalationsstufe zu. Jetzt soll die Polizei gegen den OB ermitteln. Zusammen mit seinen beiden Fraktionskollegen Hüsnüye Yalcinkaya und Michael Freche hat der Chef der gemeinsamen Fraktion von Linken und Piraten (LiPi) den Rathauschef wegen falscher Verdächtigung angezeigt. Till habe unterstellt, dass in einer öffentlichen Fraktionssitzung von LiPi aus der nichtöffentlichen Aufsichtsratssitzung der Energieversorgung Filstal (EVF) berichtet worden sei.

 

Aus nichtöffentlicher Sitzung geplaudert?

Der Anlass für Tills Vorwurf war die offizielle Einladung der LiPi-Fraktion gewesen. Darin hieß es unter Top 6: „Aufsichtsratsbericht EVF: Michael Freche“. In einer offiziellen Anfrage an LiPi bat der Hauptamtsleiter Willi Schwaak um Mitteilung, ob in der öffentlichen Sitzung tatsächlich über die grundsätzlich nichtöffentlichen Inhalte der Aufsichtsratssitzung informiert worden sei. Es habe sich um einen reinen Stimmungsbericht gehandelt, beeilte sich Christian Stähle daraufhin zu versichern. Die juristische Problematik des Tagesordnungspunktes dürfte ihm mittlerweile bewusst geworden sein.

Doch Till ließ nicht locker. Was denn unter einem Stimmungsbericht zu verstehen sei, erkundigte er sich nun höchstpersönlich. Und auch Stähles Definition – „gute Laune, prima Häppchen“ – genügte ihm nicht. Bei der jüngsten Ältestenratssitzung kündigte Till an, dass er sich weitere Schritte vorbehalte und den Punkt vom Regierungspräsidium als Aufsichtsbehörde prüfen lassen werde. Allerdings dürfte die Prüfung nicht leicht sein. Außer Parteigängern von Linken und Piraten gibt es keine Zeugen des möglichen Geheimnisverrats.

Stähle landet Punktsieg

Während Stähle nach der Ältestenratssitzung wutentbrannt die Polizei aufsuchte, ist der übrige Gemeinderat zunehmend genervt. „Es ist völlig übertrieben, was Stähle da macht“, sagte der SPD-Fraktionschef Armin Roos. „Es geht nur noch um Retourkutschen“, urteilte der Grünen-Chef Christoph Weber. Tatsächlich dürfte Tills Beharrlichkeit in der EVF-Frage mit dem Punktsieg zu tun haben, den Stähle vor kurzem erzielt hat. Tills Sprecher Hinrichsen hatte in einem angeblich privaten offenen Brief dem Landrat Edgar Wolff undemokratisches Verhalten vorgeworfen, weil der sich im Kreistag um einen anderen Umgang mit Stähle bemüht. Stähle hatte sich daraufhin beim OB offiziell erkundigt, inwieweit Hinrichsen für seine Polemik städtische Infrastruktur genutzt habe.

Er werde diese Anfrage nicht beantworten, hatte Till in einem Rundbrief den Fraktionen mitgeteilt. Nach einem eingehenden Gespräch mit dem Regierungspräsidium musste er es aber doch tun. Im Regierungspräsidium soll man übrigens erleichtert über die Anzeige sein. Die Behörde sei mit ihrem Latein am Ende, wird kolportiert. Soll sich doch die Polizei um den Konflikt kümmern. Dort geht das Schwarze-Peter-Spiel munter weiter. Der Fall sei so gehaltvoll, habe ihm der Revierbeamte mitgeteilt, da müsse sich die Kripo drum kümmern, berichtet Stähle. Vielleicht kommt ja noch eine Anzeige hinzu – diesmal gegen Stähle. Schließlich sind Ältestenratssitzungen auch nichtöffentlich, wobei es in Göppingen offen gestanden noch nie ein Problem war, Informationen aus solchen nichtöffentlichen Sitzungen zu bekommen.