Stadtentwicklung & Infrastruktur: Andreas Geldner (age)

Wer den Abschied der USA von der Rolle der alleinigen Supermacht als Niedergang ansehen will, der soll das tun. Aber es ist der falsche Maßstab. Diese Entwicklung kann für die Vereinigten Staaten sogar ein Vorteil sein. Es zwingt das Land, nach Partnern Ausschau zu halten – und an ihnen besteht kein Mangel.

 

Das postamerikanische Zeitalter braucht Amerika

Der Raum für Irrtümer in der amerikanischen Politik ist enorm. Es gibt keine Garantie, dass Demokraten und Republikaner rasch die notwendigen Kompromisse finden. Das Schuldenproblem wird sich nicht von selbst lösen, die marode Infrastruktur wird nicht mithilfe der Portokasse repariert. Aber das Potenzial der USA ist intakt, wenn man es nicht an Idealen misst, sondern mit der Situation der Konkurrenten vergleicht. „Amerikaner tun am Ende immer das Richtige. Nachdem sie vorher alle anderen Möglichkeiten ausprobiert haben“, dieses Winston Churchill zugeschriebene Bonmot gilt noch immer. Wer den Niedergang der USA vorhergesagt hat, ist bisher immer auf dem falschen Fuß erwischt worden.

„In der Vergangenheit ist Amerika nicht wegen der ausgeklügelten Politik seiner Regierung, sondern wegen der Vitalität seiner Gesellschaft erfolgreich gewesen. Amerika florierte, weil es der Welt gegenüber offen blieb: offen für Güter und Dienstleistungen, für Ideen und Erfindungen und vor allem für Menschen und Kulturen“, schreibt der aus Indien stammende, US-Publizist Fareed Zakaria in seinem Buch über das postamerikanische Zeitalter, das er für die USA nicht als Bedrohung, sondern als Chance sieht. Die Vereinigten Staaten mögen aus europäischer Sicht jung scheinen, aber sie blicken auf eine lange Kontinuität zurück. Wo waren Deutschland, China oder Brasilien im Jahr 1787? Die Verfassung der USA, die damals verabschiedet wurde, gilt immer noch. Es quietscht und knirscht in diesem Gebilde. Doch frei nach Galilei bleibt beim Blick auf das Land der unbegrenzten Möglichkeiten nur das Fazit: Und es bewegt sich doch!