Diese Woche von Charlottesville ist für Trump und Amerika ein Augenblick der Wahrheit. Natürlich war vielen bereits vorher klar, warum Trump gewählt wurde. Was hinter dem kryptischen Slogan „Make America Great Again“ steht, ließ eigentlich nur eine Interpretation zu. Die Mehrheit der Trump-Wähler war mit einem multi-ethnischen, post-rassischen, kosmopoliten Amerika, das während der Obama-Jahre zumindest als Möglichkeit am Horizont erschien, nicht zurechtgekommen.

 

Doch jetzt liegen die Karten auf dem Tisch. Vor allem Trumps Empörung angesichts der Tatsache, dass die von ihm als „Alt-Left“ titulierte Opposition in Charlottesville und anderswo die Monumente von Südstaaten- Ikonen wie dem Bürgerkriegsgeneral Robert E. Lee nieder reißt, offenbarte seine rassistische Überzeugung. „Sie zerstören das nationale Andenken“, meinte Trump und fragte: „Wo soll das enden? Ist George Washington als nächstes dran?“

Kaum etwas kann deutlicher machen, dass die post-rassische Gesellschaft eine Schimäre war, als diese Auseinandersetzung um die historische Einordnung des Bürgerkriegs. So erscheint die Wahl Obamas, vor neun Jahren vom liberalen wie vom schwarzen Amerika euphorisch gefeiert, aus heutiger Sicht wie eine Illusion von Gleichberechtigung, Gerechtigkeit und Toleranz, die eine weitaus brutalere Realität dieses Landes übertünchte.

Der Fortschritt unter Obama war nur ein symbolischer

Natürlich ist es skeptischeren Beobachtern schon längst klar, dass dem symbolischen Fortschritt der Wahl Obamas kein Fortschritt in den Lebensbedingungen von Minderheiten oder in den Rassenbeziehungen des Landes folgte. „Wir wollten glauben, dass wir weiter gekommen sind“, schrieb der schwarze Soziologe Eddie Glaude Jr. von der Princeton Universität in seinem Buch „Democracy in Black“ kurz vor der Wahl Trumps im vergangenen Jahr. „Aber wir haben in den vergangenen acht Jahren so viel Hässlichkeit gesehen. Wie oft mussten wir dabei zusehen, wie gepeinigte schwarze Eltern ihre Kinder begraben mussten, wie sie vor der Presse standen und Antworten verlangten, begleitet von anderen Eltern, die dieses Leid teilten.“ Ironischerweise trat die Schande einer epidemischen, rassistisch motivierten Polizeigewalt unter dem ersten schwarzen Präsidenten der USA deutlicher in das Bewusstsein der allgemeinen Öffentlichkeit denn je. Die Morde an Michael Brown, Eric Garner, Sandra Bland, Trayvon Martin und vielen anderen schienen beinahe wöchentlich Schlagzeilen zu machen.