Eine entscheidende Bedingung für Instrumente direkter Demokratie ist es, dass die Öffentlichkeit frühzeitig informiert und angehört wird – nämlich vor Beginn der Planung für ein Gesetz, für eine Satzung, für einen Bauleitplan oder für ein Bauprojekt. Dabei müssen alle interessierten und betroffenen Bürger, Vereine und Verbände, Unternehmen und Institutionen die Möglichkeit haben, sich zu informieren und Stellung zu nehmen, bevor Parlament und Verwaltung sich festgelegt haben. In der Schweiz heißt diese Anhörung „Vernehmlassung“, weil alle, die etwas sagen wollen, sich vernehmen lassen können. Bei uns sind öffentliche Anhörungen in der Regel juristische Veranstaltungen, bei denen Rat und Verwaltung sich durchsetzen und später allenfalls Gerichte eingreifen können.

 

Anders ist die Lage, wenn die Möglichkeit eines Referendums besteht. Dann müssen Parlament und Verwaltung damit rechnen, dass es bei heftigem Widerstand zu einem Bürgerbegehen für einen Bürgerentscheid kommen kann, und sie werden sich bemühen, den Widerstand durch Änderungen, Milderungen, und Kompromissvorschläge abzubauen.

Auf diese Weise bekommen Parlament und Verwaltung bei der Anhörung politischen und fachlichen Rat, Hinweise auf Alternativen und die Möglichkeit, Protest und Widerstand gegen das Projekt und die Wahrscheinlichkeit eines Referendums abzuschätzen. Schon in dieser Phase kann ein Vorprojekt scheitern. Die Projektträger werden sich deshalb bemühen, im Fortgang der Planung möglichst viele Einwände zu berücksichtigen oder durch Kompensationsangebote zu entkräften. Die Kritiker und Gegner eines Gesetzentwurfs oder Projekts wiederum erfahren bei der Anhörung, ob sie bei ihren Mitbürgern Unterstützung finden oder nicht und ob sich der Aufwand für ein Bürgerbegehren lohnt. In dieser Phase ist auch bei Verfahren der direkten Demokratie das Abwägen und Aushandeln von Kompromissen möglich.

Bei Bauprojekten mit langem Planungsvorlauf sind mehrere Anhörungen erforderlich. Anfangs geht es um Absichten und Ziele des Projekts, später um Alternativen, danach um Machbarkeitsstudien, schließlich um die Entwurfsplanung. Wer zu spät informiert und Alternativen von vornherein ausschließt, muss mit stärkerem Widerstand und damit möglicherweise mit dem Scheitern des Projekts durch Bürgerbegehren und Bürgerentscheid rechnen.