Sie lieben Eis und die Umwelt. Deshalb haben zwei Studentinnen der Universität Hohenheim essbare Eislöffel entwickelt und das Start-Up „Spoontainable“ gegründet. Die Idee trifft den Zeitgeist: Immer mehr Gastronomen und Lebensmittelhändler machen sich Gedanken, wie sie Plastik im Alltag reduzieren können.

Psychologie/Partnerschaft: Nina Ayerle (nay)

Stuttgart - Für den Teig haben sie ewig rumprobiert, die Ausstecher in Löffelform haben sie selbst kreiert, die ersten Versuche auf dem WG-Küchentisch ausgerollt und im Backofen gebacken. Amelie Vermeer und Julia Piechotta lieben Eis – und die Umwelt. Eisdielen produzieren viel Plastikmüll, auch wegen der kleinen Löffeln. Die beiden Studentinnen haben nun essbare Eislöffel entworfen. Das Patent ist angemeldet.

 

Der Name setzt sich aus „Löffel“ und „nachhaltig“ zusammen

Die beiden Management-Studentinnen der Universität Hohenheim haben noch nicht einmal ihr Studium fertig und leiten bereits ein eigenes Unternehmen. „Spoontainable“ heißt das soziale Start-up. Das Wort setzt sich aus den englischen Wörtern „spoon“ (Löffel) und „sustainable“ (nachhaltig) zusammen. Der Grundgedanke war eine ressourcen-schonende Alternative zu Plastikbesteck zu finden.

Zwischen Vorlesungen, Bibliothek und Nebenjob führen sie Gespräche mit Ernährungswissenschaftlern, mit Anwälten, Steuerberatern, Produzenten und natürlich mit Eisdielen. „Eigentlich arbeiten wir nur noch für ‚Spoontainable“, sagt Vermeer und lacht. „Aber es erfüllt uns. Unser Ziel ist es, das Projekt erfolgreich zu machen.“

Der Löffel ist vegan und ohne Zucker

Dazu haben sie sich bei der weltweit vernetzen Studentenorganisation Enactus engagiert, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Studentenprojekten wirtschaftliche Perspektiven zu ermöglichen. In ihrem Team sind sieben Studenten, in der Geschäftsführung sind sie zu dritt.

Die Eislöffel gibt es mit Schokoladengeschmack, sie sind vegan und ohne Zucker. Die Hauptstoffe sind Pflanzenfasern. „Wenn Obst und Gemüse verarbeitet wird, bleiben die Schalen übrig“, sagt Julia Piechotta. Die Fasern dieser Schalen könnten zu einer Art Mehl verarbeitet werden, aus dem backen sie die Löffel. Wie sie darauf gekommen sind? „Durch viel ausprobieren“, sagt Vermeer. Im Team seien zudem zwei Ernährungswissenschaftlerinnen, die hätten die entscheidende Idee geliefert.

Der Preis liegt bei sechs bis zehn Cent pro Löffel

Nun werben die Unternehmerinnen über eine Crowdfunding-Plattform im Internet um finanzielle Unterstützung. Mit dem Geld wollen sie eine Walze und Zutaten für die maschinelle Produktion anschaffen. Der Preis für die Löffel werde zwischen sechs und zehn Cent liegen, vermutet Piechotta. Die Resonanz auf die essbaren Löffel sei auf jeden Fall groß: „Vielen Eisdielen gefällt das Konzept“, ergänzt Vermeer. Im Januar wollen sie die ersten Verträge abschließen.

Die Idee trifft den Zeitgeist. Kein Thema ist derzeit weltweit so groß wie die Vermeidung von Plastik, Müll generell und Mehrweg statt Einweg. Nicht zu Unrecht: Derzeit produziert ein durchschnittlicher Deutscher laut dem statistischen Amt der Europäischen Union Eurostat etwa 37 Kilogramm Müll aus Plastikverpackungen pro Jahr. Damit liegen Deutschland über dem EU-Schnitt von 31 Kilogramm. Die EU-Kommission will Plastikgeschirr verbieten lassen.

Der Marienplatz als Müllhalde

Auch bei den Gastronomien am Marienplatz hat man sich darüber Gedanken gemacht. In der Gelateria hat man die Plastiklöffel bereits verbannt, erzählt die Geschäftsführerin Martina Schneider. „Holz war zu teuer, nun haben wir welche aus Maisstärke.“ Und natürlich versuche man in den Gastronomien am Marienplatz weniger Müll zu produzieren, doch immer neue Hygieneverordnungen würden umgekehrt dafür sorgen, dass viele Sachen noch mehr verpackt seien.

Und: Seit der Marienplatz Stuttgarts liebster Hipster-Hotspot geworden ist, gleicht er nach lauen Sommernächsten eben oft einer Müllhalde. Mehr Menschen, mehr Müll. „Wir versuchen darauf zu reagieren“, sagt Schneider. So gebe man unter der Woche keine Pizza zum Mitnehmen mehr raus. Das spart die Kartons. Die Pizza auf Tellern nach draußen auf den Platz geben, dürfen sie nicht. „Wir dürfen nur unseren Außenbereich bewirtschaften.“

Probleme mit dem Pfandleihsystem

Viele Händler und Gastronomen appellieren an das Verantwortungsbewusstsein der Kunden. Wer selbst Müll vermeiden möchte, der kann sein Eis in der Waffel essen. Das ist nun mal die nachhaltigste Alternative zu den Plastikbechern. Ein Verbot der Plastikbehältnisse würde viele Eisdielen aber ziemlich in die Bredouille bringen. Ein Pfandsystem auf die Becher hält Schneider für undenkbar: „Das wäre der Horror für uns.“ An schönen Sommertagen reicht die Schlange vor der Gelateria gerne mal über den halben Marienplatz. Die Kapazitäten für ein Pfandsystem habe man gar nicht. Überhaupt habe das früher mit Flaschen eben gut funktioniert als jeder noch dieselben Flaschen in den gleichen Kisten gekauft hat. Heute hätten die Firmen das Marketing entdeckt, nun habe jede Firma eigene Flaschen und eigene Kisten. Die einen Fritz Cola, die anderen Coca Cola. „Mehrweg funktioniert so nicht mehr“, sagt Schneider.

Aber sie ist auch der Meinung, dass man Müll vermeiden sollte – und zwar jeder. „Die essbaren Eislöffel finde ich wirklich toll.“ Als Verbraucher könne man viel tun: Obst und Gemüse auf dem Markt kaufen, anstatt dem Pappbecher für den Kaffee einen eigenen Becher haben und sich doch überlegen, ob man Essen zum Mitnehmen wirklich brauche. „Hat man wirklich nicht die Zeit, sich kurz hinzusetzen?“