Wegen Corona müssen bei dem Angebot die Besucher auf Begegnung und Gespräche verzichten.

Leonberg - Auch wenn die Vorgaben im Moment sehr schwer umsetzbar sind: der Mittagstisch für alle soll 2021 nicht einfach ausfallen. Das hat der Trägerverein beschlossen, unter dessen Ägide die Aktion nun schon das zwölfte Mal stattfinden wird – vorbehaltlich der geltenden Corona-Verordnungen des Landes und der Kirchen.

 

„Wir beabsichtigen wieder einen Mittagstisch für alle, diesmal als Aktion ’Mittagstisch zum Mitnehmen’, anzubieten“, sagt der Pastoralreferent Jürgen Oettel von der katholischen Seelsorgeeinheit Leonberg. Und zwar von Mittwoch, 13. Januar, an bis zum 31. März. Das Essen wird bei der evangelisch-methodistischen Pauluskirche in der Robert-Koch-Straße zwischen 12 und 12.45 Uhr ausgegeben. Damit wurde die Zeit stark reduziert, denn das gemeinsame Mittagessen fand bisher zwischen 12 und 14 Uhr statt.

Miteinander essen und reden

Der damalige Pastor der Pauluskirche, Thomas Schmückle, hatte 2009 die Idee zu dem Mittagstisch, nachdem in der zentral gelegenen Gemeinde immer wieder Menschen angeklopft hatten auf der Suche nach Rat und finanzieller Unterstützung. Wichtig war ihm dabei, alles auf ökumenische Füße zu stellen. Von Anfang an sagte die katholische Kirche Unterstützung zu, über den Pastoralreferenten Jürgen Oettel. Die Hauptlast für das Gelingen trägt aber der kleine evangelisch-methodistische Bezirk, denn viele der 30 Helfer kommen aus Rutesheim und Heimsheim.

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Die Idee besagt, dass der Mittagstisch nicht nur für Menschen mit kleinem Geldbeutel sein sollte. Sondern auch ein Ort der Begegnung und des Austausches für alle, die einfach vorbeikommen wollen. Jeder entscheidet selbst, wie viel er für das Essen bezahlt, denn es gibt immer noch viel zu viele Menschen, die jeden Cent dreimal umdrehen müssen. Aber es gibt auch nicht wenige, die mit zunehmendem Alter vereinsamen und deshalb bei einem guten Mittagessen gute Gespräche schätzen.

Vereinsgründung im Jahr 2009

Um den Mittagstisch veranstalten zu können, wurde 2009 ein Verein gegründet, der für die Betreuung, den Betrieb und die Verwaltung zuständig ist. Das Essen wurde über die Leonberger Sozialstation vom Guldenhof in Hirschlanden angeliefert. Dazu wird Kaffee mit Waffeln oder gespendeter Kuchen gereicht.

„Dieses Jahr kochen die Helfer das Mittagessen selbst. Wir wollten dabei auch einfach die finanziellen Verpflichtungen, die wir eingehen, etwas minimieren“, erläutert Jürgen Oettel. Niemand könne ja sagen, ob und wie lange die Essen überhaupt ausgeben werden dürfen. „Dabei möchten wir, wann immer möglich, auf regionale und frische Ware zurückgreifen“, sagt der Pastoralreferent.

Essensausgabe am Fenster

Die Essensausgabe erfolgt über das große Fenster im Gemeindesaal, beim Pastorenhauseingang. Hier können die Besucher die Pakete abholen. Geplant sind etwa 40 bis 50 Essen. Ehrenamtliche werden auch weiterhin Kuchen backen und spenden. Auch die Zutaten für eine Tasse Kaffee oder Tee sind im Paket. Ist die Nachfrage größer als gedacht, wird aufgestockt. „Auch ein gedrucktes gutes Wort bekommen die Besucher mit auf den Weg“, sagt Jürgen Oettel.

Was sich so einfach darstellt, war und ist eine große Herausforderung, sagt der Pastoralreferent. Von den einzuhaltenden Hygienestandards, über die Vorgabe, wie viele Personen gleichzeitig in der Küche arbeiten dürfen, bis hin zur Verpackungsverordnung und der Frage „wie werden denn Mittagstische in Bezug auf die Corona-Verordnungen eingestuft“, seien die Veranstalter an vielen Ecken herumgekommen. Letztendlich hat ihnen das Landratsamt Böblingen bestätigt, dass der Mittagstisch für alle wie die Tafelläden eingestuft werde.

Helfen – auf keinen Fall gefährden

„Mit Blick auf die Altersstruktur der Helferinnen und Helfer ist es einfach so, dass viele in einem Alter sind, die zur Risiko- und Hochrisikogruppe gehören“, sagt Oettel. Hier den richtigen Weg zu finden, sei nicht einfach. „Mit der Aktion wollen wir ja helfen – aber auf keinen Fall jemanden gefährden.“

„Mit dieser Art der Essensausgabe wird sich der Charakter des Mittagstisches stark verändern“, bedauert er. „Für alle“ – wird im Jahr 2021 wahrscheinlich eher für die Menschen gelten, die finanziell bedürftig sind. „Es tut weh, dass wir den Moment der Gesellschaft und Geselligkeit, der Teilhabe nicht bieten können“, meint der Pastoralreferent. „Oder zumindest nicht so, wie wir es in den vergangenen Jahren gelebt haben. Aber ein Schwätzle aus der Distanz tut auch ein wenig gut.“

Nichts zu machen, wollte niemand

Auch für die Helfer sei genau dieser Aspekt des Kontakts und des Miteinanders oft ein Motiv, sich daran zu beteiligen. Ob dieses neue Konzept überhaupt angenommen wird, bleibt fraglich. „Es ist halt eher der Schritt in Richtung einer Suppenküche – aber einfach gar nichts zu machen, das kam für viele im Verein nicht in Frage“, schildert Oettel. Wer trotzdem Gesprächsbedarf hat, kann sich an das Betreuer-Team wenden. Nicht mit dabei ist in diesem Jahr das Team der Sozialbetreuung der Diakonie.

Schnell sei im Verein klar gewesen, dass das Essen kostenlos abgegeben wird. „Es wird wahrscheinlich eine Spendendose bereit stehen, einfach, um die Menschen nicht zu beschämen“, sagt der Pastoralreferent. „Aber solange wir Essen haben, wird jeder, der etwas möchte, auch ein Essen bekommen“, verspricht Oettel.