In einem der drei Red-Legion-Prozesse wegen Mordes räumt ein Beschuldigter ein, an der Massenschlägerei mit Sympathisanten der Black Jackets beteiligt gewesen zu sein, bei der kurz vor Weihnachten 2012 vor einer Bar in der Innenstadt ein Opfer erstochen worden ist. Ein weiterer Angeklagter will das Weite gesucht haben, als die Auseinandersetzung zwischen den beiden rivalisierenden Straßengangs begann.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Esslingen - Anderthalb Jahre ist der Überfall von Red-Legion-Anhängern auf ehemalige Mitglieder der Gruppe Black Jackets in Esslingen her, bei dem kurz vor Weihnachten 2012 ein 22 Jahre alter Mann erstochen wurde. Nun haben erstmals mutmaßliche Mittäter Angaben zu den Vorwürfen gemacht. In einem der gegenwärtig drei Prozesse am Landgericht, in denen sich insgesamt 18 Angeklagte wegen gemeinschaftlichen Mordes und gefährlicher Körperverletzung verantworten müssen, räumte ein Mann am 60. Verhandlungstag seine Beteiligung ein: Er will einem Black-Jackets-Mann aber „nur“ einen Faustschlag und einen Tritt verpasst haben. Ein weiterer Angeklagter erklärte, dass er beim Ausbruch der Massenschlägerei das Weite gesucht habe.

 

Stellungnahmen gelten als Überraschung

Dass die beiden Männer zu den Vorwürfen der Anklage Stellung genommen haben, gilt als Überraschung: Denn in den polizeilichen Vernehmungen und in den Prozessen rund um den brutalen Überfall hatten bisher alle Angeklagten geschwiegen oder eine Tatbeteiligung abgestritten.

In der Nacht zum 22. Dezember 2012 waren etwa 20 Mitglieder der Red Legion und Sympathisanten in der Esslinger Innenstadt vor einer Bar an der Entengrabenstraße über Anhänger der Black Jackets hergefallen, vermutlich aus Rache. Offenbar hatten sie sich von dem Dutzend junger Männer provoziert gefühlt. Denn einige Anhänger der Red Legion waren mehr als drei Jahre zuvor als damalige Mitglieder der Gang La Fraternidad von Black-Jackets-Sympathisanten in Esslingen auf dem Hof der Waisenhofschule mit Baseballschlägern, Schlagstöcken und Eisenstangen attackiert worden. Dabei kamen sie mit leichten Blessuren davon, ein unbeteiligter 26 Jahre alter Passant wurde aber fast zu Tode geprügelt. 21 Angeklagte wurden später wegen des Überfalls zu Haftstrafen von bis zu fast acht Jahren verurteilt.

Unterstützung per Handy zusammengetrommelt?

Die Red-Legion-Sympathisanten sollen sich laut der Anklage über das Auftreten der Black Jackets, von denen einige nach dem Absitzen ihrer Strafen wieder auf freiem Fuß waren, geärgert haben. Einige Heißsporne trommelten demnach weitere Unterstützer ihrer Gang zusammen, um der verfeindeten Gruppierung, die sich damals zu einer Weihnachtsfeier getroffen haben soll, eine Abreibung zu verpassen.

Im Prozess gestern räumte der Angeklagter aus Esslingen ein, damals ein Mitglied der Red Legion gewesen zu sein. Er sei vom Zusammengehörigkeitsgefühl der Gang „fasziniert“ gewesen. Eigentlich habe er in der Tatnacht mit weiteren Legionisten zunächst in eine Bar nach Stuttgart fahren wollen. Doch die Kumpels hätten sich verspätet. Beim Warten habe es plötzlich geheißen, dass einige Black Jackets in der Bar am Obertor seien, die Red-Legion-Leute suchen würden. Es gebe ein „Problem“.

Angeklagter räumt Schlag und Tritt ein

„Ich bin nur mitgegangen, weil ich meine Freunde beruhigen wollte“, so der Angeklagte. Vor der Bar habe sich eine große Menschentraube gebildet. Schließlich habe die Massenschlägerei angefangen. Plötzlich sei ein Black-Jackets-Anhänger auf ihn losgegangen. „Dem habe ich mit der Faust ins Gesicht geschlagen“, so der Mann. Als der Kontrahent zu Boden gegangen sei, habe er ihm noch einen Tritt in die Seite verpasst. Wie auch der zweite Angeklagte, der bei Beginn der Schlägerei davongelaufen sein will, will auch er wegen der Dunkelheit nicht erkannt haben, wer in dem Durcheinander zugestochen hat.

Mehrere weitere Angeklagte haben ebenfalls angekündigt, bald zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Ob auch Beschuldigte in den beiden weiteren Verfahren aussagen wollen, ist offen – ebenso wie die Frage, wann die Urteile gesprochen werden. Vorsorglich haben die Richter in allen drei Prozessen Verhandlungstage bis Ende des Jahres angesetzt.