Esslingen Bauzäune für die Pliensaubrücke

Die frisch sanierte Pliensaubrücke ist derzeit offiziell für Radfahrer gesperrt. Foto: Roberto Bulgrin

Weil die Brüstung zu niedrig ist, hat die Stadt die frisch sanierte Pliensaubrücke für Radler gesperrt. Nun will sie dort vorübergehend Bauzäune aufstellen, um das Bauwerk wieder freigeben zu können.

Esslingen - Die Sperrung der frisch sanierten Pliensaubrücke für Radfahrer schlägt hohe Wellen. Das Medienecho ist groß, in der Stadt und im Netz wird das Thema heiß diskutiert, Stadträte fordern schleunigst Abhilfe und beim örtlichen ADFC kann man nur den Kopf schütteln. Das zeitigt Wirkung im Rathaus: Dort hat man nun beschlossen, vorübergehend Bauzäune auf der Brücke aufzustellen, um sie schnell wieder für den Radverkehr freigeben zu können.

 

Die Nachricht hat viele Stadträtinnen und Stadträte vergangene Woche kalt erwischt: Durch unsere Berichterstattung haben sie erfahren, dass die frisch sanierte Pliensaubrücke wegen ihrer niedrigen Brüstung nun für den Radverkehr gesperrt ist. Nicht nur die Sache an sich sorgt für große Empörung, sondern auch die Tatsache, dass die Stadtverwaltung den Gemeinderat nicht darüber unterrichtet hat. Der Tenor ist klar: Die Brücke muss so schnell wie möglich wieder für den Radverkehr freigegeben werden – und dann muss geklärt werden, wie es zu dem Versäumnis kam.

Carmen Tittel, die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Gemeinderat, ärgert sich maßlos: Vor der Sanierung der Pliensaubrücke habe ihre Fraktion gefragt, ob ein höheres Geländer für einen sicheren Radverkehr notwendig sei. Doch die Stadt habe verneint. „Ich kann nicht verstehen, warum es bei den Verantwortlichen nicht klingelt, wenn man extra nachfragt“, schimpft Tittel. „Wir investieren viel Geld in die Sanierung der Brücke und jetzt ist sie gesperrt. Das ist richtig peinlich.“

Zumal nun wieder einmal der Fahrradverkehr ausgebremst werde. Inzwischen habe ihre Fraktion den Eindruck, im Baudezernat wolle man den Radverkehr einfach nicht voranbringen. „Jetzt soll uns das Technische Rathaus mal vom Gegenteil überzeugen und etwas tun“, fordert Tittel. Im Übrigen müsse das Rathaus nicht nur den Radverkehr endlich ernst nehmen, sondern auch die Stadträtinnen und Stadträte. Es zeuge von einem respektlosen Umgang , dass die Stadt sie mit keinem Wort über das Problem auf der Pliensaubrücke informiert habe.

Das sehen andere ähnlich. Der SPD-Rat Andreas Koch betont: „Angesichts der Sensibilität der Sache wäre es ein Unding, wenn die Verwaltung monatelang davon gewusst, uns aber nichts gesagt hätte.“ Zudem müsse schnell eine Lösung für die Radler her: „Die Stadt muss hier aufs Gaspedal treten.“ Eine „monatelange Hängepartie“ sei „absolut inakzeptabel“.

Auch Annette Silberhorn-Hemminger, Fraktionschefin der Freien Wähler, findet klare Worte: „Das geht überhaupt nicht. Das ist ein ungeheuerlicher Vorgang, das darf so nicht passieren.“ Auch ihre Fraktion habe nur zufällig von dem Thema erfahren und fordere nun sowohl eine Antwort auf die Frage, wie es zu den Versäumnissen kam, als auch eine Lösung des Problems. Vor dem Hintergrund, dass der Radverkehr attraktiver gemacht werden solle, könne man nicht die Hauptverkehrsachse über den Neckar sperren. Das betont auch der CDU-Chef Jörn Lingnau. „Es ist mir ein Rätsel, wie so etwas passieren kann“, schimpft er. „Es muss jemand benannt werden, der die Verantwortung dafür trägt.“ Die Sache sei extrem ärgerlich.

Thomas Rumpf, der Vorsitzende des ADFC-Kreisverbands Esslingen, ist ebenfalls verärgert. „Auch für uns kam die Sperrung aus heiterem Himmel.“ Die Radler könnten sich nur an den Kopf fassen angesichts dieser Entscheidung. „Wir brauchen kein höheres Geländer auf der Pliensaubrücke“, sagt Rumpf. Das Risiko, als Radler dort über die Brüstung zu fallen, liege im Promillebereich. Ein Umweg über die Vogelsangbrücke zum Beispiel sei erheblich gefährlicher. Die Stadt müsse nun reagieren und die Pliensaubrücke wieder befahrbar machen.

Was Stadträte und ADFC im Gespräch mit unserer Zeitung noch nicht wussten: Die Stadt kommt ihrer Hauptforderung nun überraschend schnell nach. Noch vor Schulbeginn sollen auf der Pliensaubrücke Bauzäune aufgestellt und die Brücke wieder für den Radverkehr freigegeben werden. Darüber informierte die Stadt am Montagnachmittag. Langfristig soll vermutlich ein Geländer auf der Brüstung die Radler schützen – wie dieses aussehen soll, erörtert die Stadt nun mit dem Landesdenkmalamt. Daher könne man zu den Kosten und zum Zeitplan noch nichts sagen, heißt es von der Stadt.

Vergangene Woche war bekannt geworden, dass die Pliensaubrücke kurz nach der monatelangen, aufwendigen Sanierung wieder für Radler gesperrt worden war. Der Grund: Die Brüstung ist laut Stadt zu niedrig für einen sicheren Radverkehr. Als man die Sanierung plante, sei man davon ausgegangen, dass es ausreiche, den Radweg über die Brückenmitte zu führen, heißt es aus dem Rathaus. Als auf fachlichen Fortbildungen aber das Thema Geländerhöhe und Radverkehr vermehrt zur Sprache gekommen sei, habe die Stadt die rechtliche Situation noch einmal überprüft. Dabei sei man zu dem Schluss gekommen, dass trotz der Radwegführung ein Haftungsrisiko für die Stadt bestehe.

Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht wisse seit Februar von dem Problem, sei aber davon ausgegangen, dass es schnell gelöst werden könne. Deswegen – und wegen der Turbulenzen durch die Corona-Pandemie – sei der Gemeinderat nicht informiert worden. Auch Oberbürgermeister Jürgen Zieger habe erst vergangene Woche von dem Problem erfahren.

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