Weil die Stadtbahn mehr Steigung schafft, als bisher angenommen, könnte die Strecke von Nellingen nach Esslingen rentabler werden. Alles wartet jetzt, bis die neuen Förderrichtlinien fertig sind.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Die Planungen zur Verlängerung der U 7 von Ostfildern nach Esslingen sind zurzeit für ein bis zwei Jahre gestoppt. Der Grund: Alle Akteure hoffen darauf, dass der Bund seine Förderrichtlinien in Richtung Klimaschutz überarbeitet. Zwar wäre die Strecke auch schon nach den alten Planungen rentabel, aber nur mit einem hauchdünnen Wert von 1,02. Wenn ein Projekt förderfähig sein soll, dann muss der Kosten-Nutzen-Faktor höher als Eins sein, das heißt, der Nutzen muss die Kosten überwiegen.

 

Diese Zahlen hat Volker Christiani, Planer bei den Stuttgarter Straßenbahnen (SSB), bereits im Gemeinderat in Ostfildern präsentiert. Vor Kurzem hat er auch im Gemeinderat in Esslingen den neuesten Stand des Schienenprojekts vorgestellt. Der Auftrag dazu kam ebenfalls von der Fraktion der Grünen.

Vielen älteren Esslingern ist die Straßenbahn noch lebhaft in Erinnerung, die einst vom Esslinger Bahnhof auf die Filder ging und in den 1970er Jahren aus Kostengründen eingestellt wurde. Sie folgte in Serpentinen der Zollbergstraße zum Zollberg. Sie durchquerte die damals noch selbstständigen Ortschaften des heutigen Ostfildern und endete in Neuhausen. Die Trasse ist heute noch sichtbar.

Doch lässt sich die alte Linie nicht einfach wiederherstellen. Die Triebwagen der heutigen Stuttgarter Stadtbahn schaffen keine so großen Steigungen wie die alte Straßenbahn, deswegen müsste die Stadtbahn in einem flachen geschwungenen Tunnel den Zollberg herab ins Neckartal geführt werden.

Im Jahr 2011 hat Sören Haas von der Hochschule für Technik Stuttgart in seiner Bachelorarbeit herausgefunden, dass die Stadtbahn nicht wie bisher angenommen lediglich eine Steigung von 7 Prozent bewältigt, sondern zum Stuttgarter Fernsehturm auf 8,5 Prozent Steigung fährt. Diese Steigung ist laut dem Internet-Lexikon „Wikipedia“ übrigens ein Europarekord. Wenn die Stuttgarter Stadtbahnen eine solche Rekordsteigung auch in Esslingen bauten, dann könnte der Tunnel am Zollberg deutlich kürzer werden und damit auch billiger. Dadurch komme die Strecke auf einen Kosten-Nutzen-Faktor von 1,02 Prozent.

Mit im Planungsboot sind die Ämter von Esslingen und Ostfildern, die Federführung hat allerdings das Esslinger Landratsamt. Dort ist Klaus Neckernuß für den öffentlichen Personennahverkehr zuständig. Er zeigt sich optimistisch, dass der Bund Richtung Klimaschutz und damit für die Stadtbahn arbeiten wird. Das Projekt wird von den Regionalplanern auf rund 178 Millionen Euro geschätzt. 60 bis 80 Prozent zahlen Bund und Land, der Rest verteilt sich auf den Kreis Esslingen und die beiden beteiligten Städte Ostfildern und Esslingen.

Der Esslinger Finanzbürgermeister Ingo Rust sagt die Unterstützung der Stadt für das Projekt zu, geht aber davon aus, dass dieses „Schienenprojekt erst mittelfristig realisierbar sein wird“. Unterstützung kommt auch aus Ostfildern. Der Oberbürgermeister Christof Bolay berichtet allerdings, dass sich der Gemeinderat einen Tunnel im Ortsteil Nellingen wünscht. Dort sei es in der Jahnstraße zu eng für Autos und Stadtbahn. Für Klaus Neckarnuß ist der Tunnel in Ostfildern durchaus denkbar. Es gehe ja um den Kosten-Nutzen-Faktor. Wenn die Stuttgarter Stadtbahn durch den Autoverkehr behindert wird, dann würde sich mit einem Tunnel der Nutzen steigern.

Die Planer gehen davon aus, dass die Linie U 7 in Richtung Nellingen rund 10 000 Passagiere täglich transportieren wird, und dass mit dieser neuen Linie über den Zollberg etwa 4000 Autos weniger ins Tal fahren. Die Planer haben die Haltestellen bereits definiert: Zwei gibt es in Nellingen, zwei auf dem Zollberg, zwei in der Pliensauvorstadt. Enden würde die U 7 am Esslinger Hauptbahnhof, etwa da, wo heute zwei Abstellgleise liegen. Eine durchgehende U 7 hätte auch den Charme, dass in Kombination mit der S 1 ein Ringschluss entstünde zwischen dem Neckartal und den Fildern.