Wegen eines Millionenbetrugs fordert der Staatsanwalt vier Jahre Haft für einen 59-jährigen Gastwirt aus Esslingen. Er soll mit einem Komplizen an Leasinggesellschaften Veranstaltungsschirme verkauft haben, die größtenteils nicht existierten.

Esslingen - Die Staatsanwaltschaft Stuttgart fordert für einen 59 Jahre alten Gastronom aus Esslingen vier Jahre Gefängnis wegen besonders schweren Betrugs und Insolvenzverschleppung. Seinen mutmaßlichen 54-jährigen Komplizen will der Ankläger für zweieinhalb Jahre hinter Gitter sehen. Die beiden Angeklagten sollen über Jahre hinweg kriminelle Leasinggeschäfte mit großen Veranstaltungsschirmen betrieben haben und laut dem Staatsanwalt damit bei neun Firmen einen „enormen Schaden“ von insgesamt rund 3,3 Millionen Euro verursacht haben. Davon seien nach seinen Berechnungen knapp 1,5 Millionen Euro noch nicht beglichen worden. „Das ist eine richtige Menge Holz“, erklärte der Staatsanwalt am Montag in seinem Plädoyer vor der 10. Großen Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart.

 

Die Angeklagten sind geständig

Die beiden Männer auf der Anklagebank haben die Taten, für die sie sich seit dem 14. März vor dem Kadi verantworten müssen, im Wesentlichen eingeräumt. Insgesamt sollen sie 55 – größtenteils nicht existente Schirme mit Durchmessern zwischen zehn und 33 Metern – zwischen 2008 und 2013 an die Leasinggesellschaften zu Preisen von 20 000 bis 128 000 Euro pro Stück verkauft haben. Der Drahtzieher soll der inzwischen 59-jährige, in Esslingen bekannte Gastronom sein, der in den 90er-Jahren viele namhafte Veranstaltungen in der Stadt organisiert hat. Laut der Anklage setzte er sich im Jahr 2013 in sein Geburtsland Griechenland ab, von wo er schließlich im März 2016 nach Deutschland ausgeliefert wurde. Der Hauptangeklagte habe mit Hilfe der von seinem Mitangeklagten betriebenen Firma ein „Schneeballsystem“ aufgezogen. Dabei habe er seine Geschäftspartner in zweifacher Hinsicht getäuscht, so der Staatsanwalt. Zum einen durch den Verkauf von Luftschirmen, über die er nicht verfügt habe, zum anderen, indem er den Firmen eine solide finanzielle Lage seines Unternehmens vorgegaukelt habe.

Der 54 Jahre alte Partner sei mit seiner Firma als Lieferant der Schirme aufgetreten. Seine Behauptung, er habe nicht gewusst, dass die Schirme nicht existent seien, lässt der Staatsanwalt nicht gelten. „Das kann man so nicht stehen lassen“, sagte er, und verwies auf Urkunden, in denen eine „Übergabe“ der Ware in Aussicht gestellt worden sei: „Aber wenn ich etwas übergebe, muss ich auch etwas haben.“ Ohne den Mitangeklagten hätte das System nicht funktioniert, zudem habe er mit geringem Aufwand gut an den illegalen Geschäften mitverdient. Die Idee sei jedoch von dem 59-Jährigen ausgegangen, dieser habe die illegalen Geschäfte „geplant und gelenkt“.

Der Drahtzieher ist schwer krank

Der Staatsanwalt plädiert dafür, ihn zu vier Jahren Gefängnis zu verurteilen, wovon wegen der langen Verfahrensdauer drei Monate bereits als vollstreckt zu erklären seien. Allerdings muss der Mann die Strafe wohl nicht tatsächlich absitzen. Denn er leidet seit etwa vier Jahren an einer schweren erblichen Erkrankung des Gehirns, weshalb er sich nur schwer artikulieren kann und große Probleme hat, seine Bewegungen zu koordinieren. Diese Symptome habe er in Griechenland behandeln lassen wollen, erklärte der Angeklagte. Doch im Verlauf der Verhandlung war eher der Verdacht aufgekommen, er habe sich aufgrund der Ermittlungen gegen ihn abgesetzt. Laut eines deutschen Kripobeamten, der bei der Festnahme in Griechenland dabei war, hat er dort allerdings „nicht in Saus und Braus gelebt“. Die Wohnung habe zwar einen schönen Meerblick geboten, aber nicht pompös gewirkt. Das Urteil wird am Mittwoch erwartet.