Die Partnerschaft stand von Beginn an unter keinem guten Stern. Jetzt hat das Busunternehmen Rexer den Vertrag mit dem Verkehrsbetrieb Esslingen und stellt den Betrieb Ende Juni ein.

Esslingen - Es ist ein Aus mit Ansage. Das in Calw beheimatete Busunternehmen Rexer, das derzeit noch mit 24 Linienbussen einen wesentlichen Teil des öffentlichen Nahverkehrs in Esslingen abdeckt, wirft endgültig das Handtuch. Seit dem Sommer 2019 hing das Damoklesschwert der Insolvenz über dem Unternehmen, dessen Fahrzeuge rund ein Drittel der Verbindungen im Stadtgebiet sicherstellen. Damals schon hatte Rexer einen Insolvenzantrag gestellt, die Linien jedoch uneingeschränkt weiter bedient. Jetzt hat die Firma den Vertrag mit dem Städtischen Verkehrsbetrieb Esslingen (SVE) endgültig gekündigt – schriftlich, mit Wirkung zum 30. Juni 2020. Von diesem Tag an werden keine Rexer-Busse mehr in Esslingen fahren.

 

Einer gemeinsamen Mitteilung des Unternehmens und des Insolvenzverwalters Ilkin Bananyarli zufolge soll der Busbetrieb bis dahin fortgeführt werden. „Wir bedauern diese Entwicklung und werden nun den Städtischen Verkehrsbetrieb unterstützen, damit der Busbetrieb ab Juli ohne Einschränkungen für die Bürger aufrecht erhalten wird“, sagt Bananyarli, der die Fäden bei Rexer seit dem Insolvenzantrag in Händen hält. Bananyarli arbeitet im Auftrag der auf Insolvenzverfahren spezialisierten Stuttgarter Kanzlei Pluta Rechtsanwalt GmbH.

Jetzt müssen Fahrzeuge aufgetrieben und Personal eingestellt werden

Dass es weitergeht, liegt auch im Interesse der Stadt Esslingen. „Voraussetzung dafür ist allerdings, dass es bis Ende Juni gelingt, ausreichend Personal und Fahrzeuge dafür zu akquirieren“, sagt Ingo Rust, der als Esslinger Bürgermeister für den Öffentlichen Nahverkehr in der Stadt zuständig ist. Ziel sei es, dass es zu keinerlei Ausfällen im Stadtverkehr Esslingen kommt und dass der Betrieb nahtlos übergeben werden kann. Bis Mitte des kommenden Jahres soll der Stadtverkehr komplett durch den SVE erbracht werden.

Parallel dazu bereitet sich der Verkehrsbetrieb darauf vor, das Linienbündel, das bisher die Firma Rexer gefahren hat, neu auszuschreiben – mit dem erklärten Ziel, erneut einen privaten Betreiber zu finden. „Ob dies gelingt, werden die nächsten Wochen zeigen“, so Rust.

Dass das Busunternehmen in Schieflage geraten war, hatte spätestens der Insolvenzantrag gezeigt. Für den jähen Absturz jetzt machen Rexer und der Insolvenzverwalter die Weigerung eines „Finanzierungspartners“ verantwortlich, die laufende Vereinbarung für die gemieteten Linienbusse zu verlängern. „Dadurch steht dem Unternehmen ein Großteil der Mietfahrzeuge in Esslingen ab Juli nicht mehr zur Verfügung“, sagt Bananyarli.

Holpriger Start, abruptes Ende

Das Engagement des Unternehmens in Esslingen hatte von Beginn an unter keinem guten Stern gestanden. Rexer hatte sich in der europaweit ausgeschriebenen Neuvergabe des Esslinger Linienbündels im Juli 2018 gegen die lokale Konkurrenz durchgesetzt, die bisher in der Stadt das Steuer in der Hand gehabt hatte. Der Start war denn auch mehr als holprig verlaufen. Die Fahrgäste übten von Beginn an heftige Kritik an der fehlenden Sprach- und Ortskenntnis der von Rexer im Schnellverfahren angelernten Busfahrer. Die unterlegenen Mitbewerber warfen dem Unternehmer zudem vor, seinen Erfolg beim Bewerbungsverfahren unter anderem mit einer nicht tarifgerechten Entlohnung seiner Busfahrer erkauft zu haben. Ein Vorwurf allerdings, für den sich keine gerichtsfesten Belege hatten finden lassen.

Der Städtische Verkehrsbetrieb Esslingen befördert mit insgesamt 40 Fahrzeugen jährlich rund 8,6 Millionen Fahrgäste. Der öffentliche Nahverkehr in Esslingen verbindet die Innenstadt mit den Stadtteilen und dem nahen Umland. Dabei kooperiert der Verkehrsbetrieb mit den Partnern im Verkehrs- und Tarifverbund Stuttgart.Einer dieser Partner ist seit dem 1. Juli 2018 auch die Firma Rexer GmbH & Co. KG aus Calw. Das Unternehmen fährt nicht nur in Esslingen, sondern betreibt auch einen Großteil des Nahverkehrs in Calw und Heilbronn. Insgesamt verfügt die Rexer Gruppe, zu der auch ein Reiseunternehmen gehört, über 140 Busse und beschäftigt rund 360 Mitarbeiter. Die Stuttgarter Anwaltskanzlei Pluta hilft Unternehmen in rechtlich und wirtschaftlich schwierigen Situationen. Seit der Gründung 1982 ist das Unternehmen stetig gewachsen und beschäftigt heute rund 500 Mitarbeiter – vor allem Juristen, Kaufleute, Steuerberater und Buchprüfer – in Deutschland, Spanien und Italien.