Zähneknirschend hat der Verwaltungs-und Finanzausschuss des Kreistags von der Kostenexplosion der S-Bahnverlängerung auf 209 Millionen Euro Kenntnis genommen. Mehr noch als der 40-prozentige Aufschlag ärgert es die Ratsrunde, dass die Bahn erst 2026 kommt.

Esslingen - Eigentlich hatte der Esslinger Landrat die Verlängerung der S 2 von Filderstadt-Bernhausen nach Neuhausen in zwei Jahren noch im Führerstand sitzend eröffnen wollen. Davon hat sich der Kreischef verabschiedet. „Das wäre verwegen“, sagt Heinz Eininger angesichts der auf das Jahr 2026 verschobenen Jungfernfahrt. Da wäre er, der am Donnerstag seinen 63. Geburtstag gefeiert hat, 70 Jahre alt und wohl nicht mehr im Amt.

 

Auch die Rentnerermäßigung, die ihm dann auf den einfachen Sitzplätzen winken würde, hat den Ärger über die um fünf Jahre verschobene Inbetriebnahme und den damit auf 13,3 Millionen Euro gestiegenen Finanzierungsanteil des Landkreises Esslingen nicht gemindert. In einer ersten Kostenschätzung aus dem Jahr 2014 war noch von 5,1 Millionen Euro die Rede gewesen. Zu dem jetzt auf das Jahr 2026 hochgerechneten Kostenanteil kommen noch rund vier Millionen Euro für die Anschaffung von Fahrzeugen und zwei Millionen Euro als Anteil an den Betriebskosten der ersten zehn Jahre.

Von 125 Millionen Euro auf 209 Millionen Euro

Der Bau der rund vier Kilometer langen Schienenverbindung, der von der Region Stuttgart, dem Kreis Esslingen und den Gemeinden Neuhausen und Filderstadt finanziert wird, soll nun 209 Millionen Euro kosten – im Jahr 2014 lag die Berechnung noch bei 125 Millionen Euro. Rund 135 Millionen Euro steuern der Bund und das Land über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz bei. Die Region ist mit bis zu 53,2 Millionen Euro dabei und die beiden von der Schienenverbindung profitierenden Anliegerkommunen Filderstadt und Neuhausen müssen mit einem Obolus von jeweils 6,7 Millionen Euro rechnen. Noch mehr als die Kostensteigerung hat den am Donnerstag mit dem Thema befassten Verwaltungs-und Finanzausschuss des Esslinger Kreistags die Verzögerung bei der Planung und der Genehmigung geärgert. „Da muss man sich fragen, ob man den Dingen nur noch hinterherhechelt“, schimpfte Sieghard Friz, der Ausschusssprecher der CDU und warf die Frage auf, ob es sich angesichts dieser Zeiträume überhaupt noch lohne über einen weiterführenden Ringschluss ins Neckartal nachzudenken. Steffen Weigel (SPD) schlug in die gleiche Kerbe. Er forderte ein generelles Umdenken bei Großprojekten, die im Ballungsraum dem Klimaschutz dienen würden. „Wenn ein Infrastrukturprojekt sinnvoll ist, dann wird es eben gemacht“, sagte der Wendlinger Bürgermeister. Ein Planungsvorlauf von 20 Jahren sei „ein Irrsinn ohne Ende“.

Keine Alternative zum Ausbau der Schiene

Unter dem Strich waren sich jedoch die Sprecher aller Fraktionen einig, dass es keine Alternative zu dem Ausbau der Schiene auf den Fildern gibt. „Wir kriegen das gestemmt, und wir werden das stemmen“, sagte Rainer Moritz (Bündnis 90/Die Grünen) und gab zu bedenken, dass die steigenden Kosten schließlich die Folgen einer brummenden Konjunktur seien. „Und davon profitiert ja letztlich auch der Staat“, sagte er. Selbst die Verzögerung wollte der Grünen-Sprecher zugunsten einer hieb- und stichfesten Planung in Kauf nehmen. Die Beteiligungskultur habe eben ihren Preis, so seine Einschätzung, mit der er seine Ausschusskollegen allerdings nicht besänftigen konnte. „So eine Preissteigerung hätte ich auch gerne mal bei den Löhnen gesehen“, murrte Peter Rauscher (Die Linke).

Trotz der Zeitverzögerung und der Kostenexplosion auf 209 Millionen Euro hatte sich einen Tag vor dem Esslinger Kreistagsausschuss auch der Verkehrsausschuss der Regionalversammlung einstimmig hinter die Verlängerung der S-Bahnlinie gestellt. Um die Verkehrssituation auf den Fildern zu verbessern, müsse der Bau in Angriff genommen werden, so Sprecher aller Fraktionen. Das einstimmige Votum sei „ein kraftvolles Signal an die Beteiligten, das Projekt fortzusetzen“, sagte Frank Buß, Regionalrat der Freien Wähler. Während auch der Gemeinderat von Neuhausen die aktuellen Kostenberechnungen und die Zeitverzögerung in seiner jüngsten Sitzung zähneknirschend zur Kenntnis genommen hat, steht die Diskussion im Filderstädter Rat noch aus.