Läuft alles nach dem Spendenplan, könnte ein Teil des Wehrturms im Jahr 2020 wieder öffnen. .

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Der Wind hat sich gedreht über dem Helm des Dicken Turms in Esslingen. War zuvor selten eine Stadt so lieblos mit ihrem Wahrzeichen umgegangen wie Esslingen, steuern die gesellschaftlichen Kräfte jetzt darauf, den Turm wieder nach vorne zu bringen. Bis 2020 könnte er teilweise wieder geöffnet sein. Der Burgverein und die Initiative Turmwächter sammeln gerade in großem Umfang Spenden, das Städtische Gebäudemanagement Esslingen (SGE) will mithelfen.

 

Rund 2,4 Millionen Euro würde die Sanierung des Turms und des ehemaligen Restaurants kosten. Angedacht ist jetzt, in einem ersten Bauabschnitt, die sogenannte Burgstube zu sanieren, ein kleiner Saal unter dem Dach des Turms, der bis zu 30 Menschen Platz bietet, dafür braucht es rund 600 000 Euro Kapital.

Seit 2010 steht der Dicke Turm leer und ist dem Verfall preisgegeben. Der Grund dafür ist die Landesbauordnung, deren Sicherheitsbestimmungen inklusive Brandschutz so hohe Investitionen erfordert hätten, dass sie für keinen privaten Pächter mehr rentabel waren.

Um den Brandschutz kommt niemand herum

Um diesen Brandschutz kam niemand herum. Immerhin soll der Dicke Turm schon einmal gebrannt haben. Das soll vor mehr als 300 Jahren gewesen sein, während der Belagerung von Mélac im Pfälzischen Erbfolgekrieg nach dem Beschuss mit Kanonen. Jahrhunderte war der Turm danach verfallen bis ins Jahr 1886, als er in der Epoche des Historismus erneuert wurde mit seinem markanten Turmhelm. Bewusst wurde er nach dem Turm der Burg von Nürnberg gestaltet, um an reichsstädtische Traditionen anzuknüpfen.

Die Gastronomie darin war über viele Jahrzehnte die erste Adresse in Esslingen gewesen, und es gab keinen Ort in Esslingen, wo man mit einer so guten Aussicht auf die Altstadt tafeln konnte. Möglich wurde das durch einen Geniestreich des Architekten, der das Restaurant im Inneren wie eine Art Bühne auf zwei Ebenen baute, damit auch wirklich jeder Gast durch die großen Fenster blicken konnte. Etliche alteingesessene Bürger haben im Dicken Turm ihre Hochzeit oder ihre Konfirmation gefeiert.

Eine von denen, die den Leerstand nicht hinnehmen wollten, ist die Esslingerin Petra Helmcke, die mit zwölf anderen Getreuen im Verein Turmwächter Spenden für das Wahrzeichen sammelt. Seit fünf Jahren machen die Turmwächter Aktionen, aber richtig in Schwung gekommen ist die Sache erst nach einem Antrag von Rena Farquhar (FDP). Sie forderte, die Stadt möge für jeden Spenden-Euro des Turmwächters und des Burgvereins einen Euro drauflegen. Man einigte sich im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats darauf, dass beim Spendenstand von 300 000 Euro, die Stadt weitere 300 000 Euro bewillige, um den ersten Bauabschnitt und damit die Burgstube zu finanzieren. In dieser Burgstube sollen künftig wieder Familienfeste gefeiert werden, berichtet der Pressesprecher der Stadt, Roland Karpentier. Die Gäste werden dann von einem Caterer versorgt. Verwaltet wird der Saal von „Esslingen live“, die auch die Obhut über die Stadthalle und die Räume des Alten Rathauses hat.

Familienfeste in der Burgstube

160 000 Euro Spenden haben die Turmwächter und der Burgverein zusammen, deswegen hoffen die Beteiligten, die erforderliche Summe könnte bis Ende 2019 in der Kasse sein, und 2020 mit dem Bau begonnen werden. Kreativ sind die Spendensammler allemal. Ihr neuestes Produkt ist eine Zeichnung der Burg von Kunstschülern zum Preis von zwölf Euro.