Benjamin Wagner will in Esslingen eine Buchhandlung mit Antiquariat und Kaffee eröffnen. Er fühlt sich jedoch bei diesem Unterfangen von den Behörden im Stich gelassen.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslngen - In Esslingen gehen die Uhren anders als in Tübingen. Das stellte Benjamin Wagner fest, als er eine Dependance seines Tübinger Antiquariats in der Küfer-straße eröffnete. „Ich habe das Gefühl, dass man mir nur Steine in den Weg legt“, beschwert sich der Inhaber des Geschäfts mit dem Namen Buchkaffee Vividus. Es liegt schräg gegenüber des Schauspielhauses der Württembergischen Landesbühne (WLB). Drei Monate später als geplant konnte er sein Geschäft umbauen und eröffnen, „die Leute denken doch, ich komme nach Esslingen und dann mache ich nichts.“

 

Wagner verkauft neue und alte Bücher, der Schwerpunkt liegt auf Spiritualität und Anthroposophie. Den Standort gegenüber des Schauspielhauses fand er überzeugend, weil vor den Toren der WLB eher Menschen anzutreffen sind, die Bücher lieben. „Die schöne Altstadt hat ein gewisses Flair“, sagt Wagner, und mit Buch-Antiquariaten sei Esslingen auch nicht überreichlich gesegnet. Sieht man vom Café der Stadtbücherei ab, hat er für Esslingen ein neues Konzept: Man kann vor Ort in den Büchern schmökern und dabei einen Kaffee trinken. Für die Kaffeetische musste er das Schaufenster umbauen, und dafür brauchte er einen Roten Punkt.

Dieser Rote Punkt ist auch der Punkt des Anstoßes gewesen. Statt in drei Monaten das neue Schaufenster zu genehmigen, habe ihn das Baurechtsamt sechs Monate warten lassen. Zwar prangt das gute Stück inzwischen an der Fensterscheibe, doch mit der Außenwerbung ist Benjamin Wagner auch nicht weitergekommen. Noch immer ragt die wenig schöne Reklameruine an seinem Haus. Ebenso stört ihn die Akribie, mit der seine drei Postkartenhalter überwacht würden. „Die Stadt ist gleich mit dem Zollstock gekommen und hat nachgemessen“, sagt Wagner, der die Millimeterkontrolle aus Tübingen nicht gewohnt ist. „Wenn das Tübinger Ordnungsamt etwas zu beanstanden hatte, haben sie erst einmal mit den Leuten geredet.“

Das Konzept kam in Tübingen gut an

Wagner ist gebürtiger Remstäler und hat in Tübingen Philosophie und Rhetorik studiert. Fächer, die man nicht gerade als Brotstudium bezeichnen kann. Doch das macht dem Geschäftsmann nichts aus. Als in Tübingen das sogenannte Nonnenhaus umgebaut wurde, der mittelalterliche Teil eines ebenso mittelalterlichen Klosters, ergriff er die Chance und eröffnete ein Antiquariat. Obwohl Tübingen mit Antiquaren reichlich gesegnet ist, brachte er mit seiner spirituellen Ausrichtung das Buchkaffee zum Laufen und zwar so gut, dass Benjamin Wagner seine Geschäftsidee auch nach Esslingen tragen wollte.

Die City-Initiative, ein Zusammenschluss der Innenstadthändler, hat ihn bei seinen Schwierigkeiten unterstützt. Die City-Managerin Manuela Deufel erinnert sich: „Benjamin Wagner war schon im Vorfeld sehr aktiv, um das richtige Objekt für sich zu finden“. Sie lobt das Engagement des Antiquars. „Wir sind froh, dass wir ihn haben, denn er passt gut zu den anderen Geschäften der Küferstraße.“ Die City-Managerin versteht auch seinen Ärger: „Man will starten und dann fehlt die Genehmigung.“

Das Baurechtsamt der Stadt ist sich im klaren, dass die durchschnittliche Bearbeitungszeit von 140 Tagen zu lange ist und begründet das mit dem Personalabbau der Vergangenheit und einer regen Bautätigkeit bei Altbauten, die viel schwieriger zu genehmigen sei als bei Neubauten. Auch seien 80 Prozent der Baugesuche unvollständig und könnten erst bearbeiten werden, wenn alle Unterlagen vorlägen. Dann würde es durchschnittlich 40 Tage dauern. Wagners Fall hatte nach Angaben des Baurechtsamtes fünf Monate gebraucht. Sein Pech war es, dass sein Antrag in die Urlaubszeit gefallen war.