Neun Monate lang ist die Stuppacher Madonna im Esslinger Landesdenkmalamt restauriert worden. Jetzt kehrt sie nach Bad Mergentheim zurück.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Seit Freitag ist sie wieder zu Hause in Stuppach, einem Stadtteil von Bad Mergentheim: Das Tafelbild des Renaissance-Malers Matthias Grünewald, seine berühmte Madonna. Von März bis November war das Bild zur Restaurierung im Landesdenkmalamt in Esslingen zu Gast. Für den Restaurator Andreas Menrad ist es ein merkwürdiges Gefühl, das Bild herzugeben, das soviel Verehrung erfahren hat – von Gläubigen ebenso wie von Kunsthistorikern. Neun Monate konnte er es fast jeden Tag in der Werkstatt in der Berliner Straße betrachten.

 

Gelitten hat die Madonna in den vergangenen 80 Jahren vor allem durch die Wärme, denn das Bild ist auf Tannenholz gemalt. Die Bretter verloren Feuchtigkeit und zogen sich zusammen. Dadurch wölbte sich die Farbschicht auf, und „es entsanden kleine Verwerfungen, die wie Würmer aussehen“, beschreibt Andreas Menrad den Schaden.

Neun Monate Arbeit für zwei Restauratorinnen

Es scheint ein üblich zu sein, dass sich die Restauratoren heute vor allem mit der Ausbesserung von Restaurierungen vergangener Jahre herumschlagen müssen. Zum letzten Mal war das Bild in den Jahren von 1926 bis 1930 in Stuttgart aufgefrischt worden. Doch waren gerade diese neu aufgetragenen Stellen mehr nachgedunkelt als die übrigen prächtigen Farben der Madonna. Außerdem wurde das Bild ohne Abstimmung mit dem Landesdenkmalamt 1986 mit einem dicken Firnis überzogen. Er spiegelte derart, dass „das Bild nicht mehr richtig ablesbar war“, sagt Andreas Menrad. Mit Lösemitteln wurde der neueste Firnis Stück für Stück abgelöst. Der Firnis darunter stammt aus den 1930er Jahren war noch so gut wie am ersten Tag. So konnte die Restaurierung beginnen, die dunklen Stellen wurden aufgehellt, Blasen und Farbwürmer wurden frisch auf das Tannenholz gekittet. Zwei Restauratorinnen haben neun Monate lang daran gearbeitet.

Matthias Grünewald wurde um 1480 in Halle an der Saale geboren und starb um 1528 in Würzburg. In seinem kurzen Leben hat er viele bedeutende Bilder geschaffen. Sein Hauptwerk ist sicher der Isenheimer Altar, der im elsässischen Colmar zu sehen ist. Die Stuppacher Madonna steht an der Schwelle zur Renaissance, die Pflanzen sind realistisch gemalt, die Bauwerke perspektivisch gezeichnet, und die Landschaft hinter der Gottesmutter weist schon in eine Richtung, die später einmal die flämische Landschaftsmalerei nehmen wird. Grünewalds Madonna ist noch in einem kräftigen Rot und Blau gehalten. Heute werden Madonnen weiß und blau gemalt, denn weiß gilt als die Farbe der Reinheit. Auf dem Bild Grünewalds symbolisieren weiße Lilien die Jungfernschaft.

Die Farben der Madonna schmücken auch Superhelden

Das ganze Mittelalter hindurch war die Farbkombination Rot und Blau für die Muttergottes vorbehalten. Diese Farben, die das Positive und das Gute verkörpern sollten, gewannen dadurch eine große Wirkung. Dem konnten sich auch spätere Maler und Zeichner nicht entziehen. Auffällig ist, dass die berühmtesten amerikanischen Comic-Helden, Spiderman und Superman, in Kostümen herumlaufen beziehungsweise -fliegen, die zum großen Teil in Blau und Rot gehalten sind.

Etwa 200 000 Euro hat die Restaurierung der Stuppacher Madonna gekostet, aber das Geld trägt nur wenig zur Wertsteigerung des Gemäldes bei – in Kunstkreisen gilt es als unbezahlbar.