Statt Geld in die Sanierung zu stecken, will die Stadtverwaltung die Übergänge auf dem Zollberg und in Berkheim sowie den Alicensteg abreißen lassen.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Die Vorgaben sind eindeutig gewesen: 500 000 Euro sollte die Verwaltung im Bereich der Brückenbauten einsparen. So wollte es die zweite Haushaltsstrukturkommission des Esslinger Gemeinderats. Der Vorschlag der Verwaltung, wie diese Summe zu erwirtschaften ist, wird viele überraschen. Bei der Vorstellung des Haushaltsentwurfs für das kommende Jahr hat der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger am Montag angekündigt, dass der Gemeinderat noch im Oktober nicht nur über den Abriss des Alicenstegs entscheiden soll, der auf Höhe des Landratsamts die Bundesstraße 10 und den Neckar quert. Geplant sei auch der Rückbau der Brücke auf dem Zollberg, die den durch die Zollbergstraße getrennten Stadtteil verbindet und der Abriss der Brücke im Zentrum von Berkheim.

 

Bei routinemäßigen Untersuchungen hatten Experten an allen drei Bauwerken gravierende Mängel festgestellt, die eine zeitnahe Sanierung unumgänglich machen würden. Die Kosten dafür wären immens. In die Ertüchtigung des 1967/68 erbauten Alicenstegs mit seiner Länge von 112 Metern und einer Breite von 2,80 Metern müssten 450 000 Euro investiert werden. Die Sanierung der Mitte der 1970er Jahre errichteten Brücke auf dem Zollberg würde 350 000 Euro kosten, die des ebenfalls vor 35 Jahren gebauten Stegs im Zentrum von Berkheim 120 000 Euro. Zusammen beliefe sich die Renovierungssumme also auf 920 000 Euro.

Kein Gegenwind bei Bürgerversammlung auf dem Zollberg

Daraufhin haben die Experten die Gegenrechnung aufgemacht. Das Ergebnis fällt eindeutig aus. In den Abriss aller drei Bauwerke muss die Stadt Esslingen einmalig 360 000 Euro investieren. Das bedeutet nicht nur eine Ersparnis von rund 560 000 Euro. In Zukunft fallen dann auch noch die Unterhaltungskosten weg. So könnten, wird geschätzt, jährlich zwischen 15 000 und 20 000 Euro gespart werden.

„Bei der Bürgerversammlung auf dem Zollberg haben wir das Thema bereits angesprochen und keinen Gegenwind gespürt“, sagt Jürgen Zieger. Die Realität zeige doch, dass die meisten Bürger die momentan noch gefährliche ebenerdige Überquerung der Zollbergstraße dem Umweg über den Steg bevorzugten. Vor einigen Jahren ist es dort zu einem tödlichen Unfall gekommen. Dieser hat damals die Diskussion über eine sichere ebenerdige Straßenquerung in Gang gebracht. Schmackhaft machen will die Verwaltung die Abrisspläne nun damit, dass im Zuge der Baumaßnahme tatsächlich ein Fußgängerüberweg samt Ampelanlage gebaut wird. So werde die Sicherheit dort erheblich erhöht.

Der Steg bei der Frauenkirche bleibt vorerst

Entschieden ist indes noch nichts. Erst am 24. Oktober soll der Ausschuss für Technik und Umwelt über die Abrisspläne erstmals in nichtöffentlicher Sitzung beraten. Besonders beim Rückbau des Alicenstegs meldet der Grünen-Stadtrat Gerhard Müller-Werner bereits Bedenken an. Nicht auf der Tagesordnung steht dann der viel diskutierte und seit Längerem gesperrte Steg bei der Frauenkirche über den Altstadtring. Der soll, hat es der Gemeinderat nach langen Diskussionen im Frühjahr entschieden, zumindest so weit renoviert werden, dass er weitere fünf bis acht Jahre als Übergang von der Frauenkirche in Richtung Altstadt genutzt werden kann. Mittel dafür sind explizit im Haushaltsentwurf für das Jahr 2013 zwar nicht enthalten, Jürgen Zieger betont aber, dass diese Maßnahme aus dem großen, 2,4 Millionen Euro umfassenden Topf für Brückensanierungen finanziert werden kann.

Kommentar: Konsequent

Kommentar - Sie gehören zum Stadtbild, man kann aber kaum behaupten, dass sie es prägen. Es mag sein, dass mancher Bürger den geplanten Abriss der drei Fußgängerstege auf dem Zollberg, in Berkheim und beim Landratsamt bedauert. Aber Hand aufs Herz: wann haben Sie eine dieser Straßenüberquerungen zum letzten Mal benutzt? Zumindest auf dem Zollberg und in Berkheim zeigt die Wirklichkeit, dass die meisten die zwar gefährlichere, dafür ebenerdige Querung der Straßen bevorzugen. Wenn die Stadt dort für mehr Sicherheit sorgt, ist viel getan.

Angesichts der Sparzwänge ist der Plan konsequent. Statt viel Geld dauerhaft in die Erhaltung der Stege zu stecken, werden einmalig 360 000 Euro in deren Abriss investiert. Soll irgendwann das strukturelle Defizit im Stadthaushalt ausgeglichen werden, kann dieser Rückbau aber nur der erste Schritt sein. Ihm müssen noch viele weitere, weit schmerzhaftere folgen.