Die Stadt möchte einen Teil der Grünfläche im Stadtteil Serach bebauen, um Wohnraum für Flüchtlinge, sozial Schwache und junge Familien zu schaffen. Die Bürgerinitiative „Rettet das Greut“ befürchtet, dass ein ökologisch wichtiges Gebiet zerstört wird.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Schon mehrfach in den vergangenen Jahrzehnten ist die Grünschneise Greut an der Stadtteilgrenze von Hohenkreuz und Serach ins Visier der Stadtplaner geraten. Auch jetzt, da die Verwaltung händeringend nach Flächen sucht, um dringend benötigten Wohnraum für junge Familien, sozial Schwächere und für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen zu schaffen, gibt es wieder Überlegungen, den 1,6 Hektar großen Abschnitt Greut Süd mit 106 Wohneinheiten für 318 Menschen zu bebauen. Der große Vorteil: für das Greut existiert ein rechtsgültiger Bebauungsplan, die Pläne ließen sich also vergleichsweise schnell umsetzen. Auch deshalb hat der Gemeinderat zunächst grünes Licht für die Planungen gegeben.

 

Doch gegen diese Überlegungen regt sich nun ein erheblicher Widerstand. Im Februar haben Reiner Dietrich, Patrick Störmer und einige weitere Mitstreiter den Verein „Rettet das Greut“ gegründet – und mittlerweile viele Gleichgesinnte gefunden. Die vom Verein organisierte Informationsveranstaltung im Bürgerhaus RSKN ist auf gewaltige Resonanz gestoßen – und die Initiatoren sind optimistisch, dass ihre Argumente stichhaltig genug sein werden, um die Bebauung des Greut zu verhindern.

Es gibt zwei zentrale Frischluftschneisen

Schon einmal, im Jahr 1988, hat es nämlich Pläne gegeben, genau auf jenem Gebiet, um das es nun geht, ein Alten- und Pflegeheim zu bauen. Damals sollten 150 ältere Menschen im Greut eine neuen Heimat finden. Das Ergebnis des damals beauftragten Umweltverträglichkeitsgutachtens war allerdings eindeutig: Beim Greut handele es sich um eine von zwei zentralen Frischluftschneisen für die Esslinger Kernstadt. Wegen seiner großen ökologische Bedeutung sei deshalb „jede Bebauung des Gebiets nicht verträglich“.

Auf dieses Gutachten stützt jetzt der Verein seine Hoffnung. Mittlerweile habe sich die Feinstaubproblematik in der Region bekanntlich extrem verschärft. Die Tatsache, dass an der Esslinger Messstation am Altstadtring im Januar die Grenzwerte an acht Tagen überschritten worden seien, müssten alle Alarmglocken schrillen lassen. Reiner Dietrich: „Das Greut zu bebauen hieße, die ohnehin schon prekäre Situation für die Esslinger Innenstadt weiter zu verschärfen.“

Krummenackerstraße ist überlastet

Darüber hinaus führen die Bebauungsgegner weitere Argumente an: Die Krummenackerstraße sei schon jetzt überlastet. Die Flächen, die nun versiegelt werden sollen, hätten eine hohe Bedeutung für die landwirtschaftliche Nutzung und für die Naherholung und das Greut liege im planungsrechtlich wie städtebaulich nicht priorisierten Außenbereich ohne fußläufig erreichbare Nahversorgungsangebote.

Ob diese Argumente und vor allem die Einwände wegen der Frischluftschneise richtig sind, will die Stadt bis zum Juli klären. Noch vor der Sommerpause sollen zwei Gutachten vorliegen, die die ökologischen Auswirkungen der Bebauung untersuchen sollen. Der Esslinger Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht kündigt zum einen eine kleinräumige Untersuchung für das Greut und ein Gesamtmodell für die Kaltluftschneisen in der Stadt insgesamt an. Heutige Untersuchungsmethoden seien viel genauer als die von 1988. Man müsse deshalb abwarten, welche Ergebnisse bei den neuerlichen Untersuchungen herauskommen.

Misstrauen gegenüber der Verwaltung

So recht trauen mögen die Vertreter der Initiative Rettet das Greut den von der Stadt beauftragten Gutachtern nicht. Deshalb hat der Verein selbst mehrere tausend Euro gesammelt, einen Verwaltungsrechtler engagiert und zudem ebenfalls ein Gutachten bei einem Fachmann aus Speyer in Auftrag gegeben, das die ökologischen Folgen einer Bebauung klären soll. Das Ergebnis soll bereits in rund vier Wochen vorliegen. „Wir werden alle Gutachten genau prüfen“, verspricht Wallbrecht.

Ein gerüttelt Maß an Mitschuld, dass das Misstrauen auf Vereinsseite groß ist, hat auch der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger. Denn noch in der vom Verein organisierten Bürgerversammlung Ende Februar hat er erklärt, das 1988 geplante Altenheim sei vier bis fünf Mal größer gewesen als die aktuellen Wohnbaupläne. Die Bürgerinitiative hat dagegen nachgewiesen, dass die nun zu überbauende Fläche sogar 0,1 Hektar größer ist als die 1988.

Der Baubürgermeister Wilfried Wallbrecht räumt auf Nachfrage nun ein, dass sich Zieger da wohl nicht ganz korrekt ausgedrückt hat. Nicht das eigentliche Baugebiet, sondern das vor knapp 30 Jahren im Rahmen des Umweltverträglichkeitsgutachtens untersuchte Gesamtareal sei fünf Mal größer gewesen als die aktuellen Bebauungspläne. Wallbrecht: „Genau habe ich das jetzt gerade nicht auf dem Tisch. Aber die aktuell geplante Bebauungsfläche könnte in der Tat in etwa so groß sein wie das Alten- und Pflegeheim damals.“