Schwanger und überschuldet: Bei vielen Klientinnen der Psychologischen Beratungsstelle der Esslinger Diakonie ging es im vergangenen Jahr um finanzielle Probleme. Bei Frauen, die über Abtreibung nachdenken, spielt Geld dagegen eine nachrangige Rolle.

Esslingen - Ohne Job, in einer festen Beziehung und voller Sorge, was die nahende Geburt des ersten Kindes für das ohnehin überlastete Konto bedeutet: so lässt sich die typische Klientin der Schwangerenberatung beschreiben. 134 werdende Mütter sind im vergangenen Jahr zur Psychologischen Beratungsstelle in der Berliner Straße in Esslingen gekommen, um sich vor allem bei finanziellen Problemen helfen zu lassen. Das geht unter anderem aus dem Jahresbericht 2012 der Beratungsstelle der Kreisdiakonie hervor.

 

Wie funktionieren Elterngeld und Mutterschutz? Was gibt es zu beachten, wenn man Arbeitslosengeld II empfängt? Woher kann man finanzielle Unterstützung bekommen, wenn das Geld einfach nicht reicht? Vor allem um solche Probleme drehen sich die Gespräche mit den Beraterinnen. Andere Schwierigkeiten, etwa in der Partnerschaft oder mit dem Selbstwertgefühl, sprechen die Frauen laut dem Bericht erst dann an, wenn die gröbsten Geldsorgen einmal aus dem Weg geräumt sind.

Motivierte Frauen werden oft ausgebremst

Dass ein Job und damit das Geld fehlt, ist offenbar häufig nicht die Schuld der werdenden Mütter. „Wir erleben immer wieder motivierte Klientinnen, denen es nicht gelingt, berufliche Perspektiven zu entwickeln“, schreibt der ehemalige Leiter der Beratungsstelle, Roland Kachler, in dem Jahresbericht. Die Frauen würden ausgebremst statt in ihren Zielen bestärkt. Ein guter Schritt in die richtige Richtung sei aber der jetzt geltende Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz.

Für weitere 105 Frauen stellte sich im vergangenen Jahr eine viel grundsätzlichere Frage als die nach Geld. Sie standen vor der Entscheidung, ob sie ihr Kind überhaupt bekommen, oder ob eine Abtreibung der einzige Weg aus einer schwierigen Situation ist. Auch diese Frauen sind meist kinderlos und in einer Beziehung, doch nur knapp ein Zehntel war arbeitslos. In der sogenannten Schwangerschaftskonfliktberatung geht es dann auch vor allem um psychische Probleme, Schwierigkeiten in der Partnerschaft und Überforderung mit der Situation.

Nicht nur Schwangere lassen sich beraten

Auffällig ist die Zahl der jungen Frauen, die die Abtreibungsberatung in Anspruch genommen haben. 20 Prozent der Klientinnen im vergangenen Jahr waren jünger als 20 – das sind doppelt so viele wie 2011.

Doch nicht nur um Schwangere kümmern sich die Mitarbeiter der Beratungsstelle. Auch wegen psychischer Probleme und Krankheiten oder Beziehungskrisen suchen Menschen dort Hilfe. Junge Menschen unter 21 Jahre lassen sich vor allem wegen familiärer Probleme beraten. In mehr als der Hälfte der Beratungen ging es um Themen wie Trennung und Scheidung, Tod und Krankheit sowie Konflikte in der Familie. Erwachsene nehmen das Beratungsangebot am häufigsten wegen Depressionen, Phobien und Ängsten in Anspruch. Insgesamt 873 Fälle beschäftigten die Mitarbeiter im vergangenen Jahr.