Das Gebäude des Amtsgerichts Esslingen war 1992 sogar einsturzgefährdet. Doch es wurde aufwendig auf Vordermann gebracht. Heute gilt es als eines der schönsten und geschichtsträchtigsten Gerichtsgebäude im Land.

Esslingen - Das aus dem Jahr 1715 stammende Gebäude des Esslinger Amtsgerichts und der benachbarte Ritterbau von 1725 erstrahlen erst seit dem Jahr 2004 wieder in neuem Glanz. Vier Jahre dauerten zuvor die Sicherung, der Umbau sowie die aufwendige Sanierung des Barockensembles, dessen Standfestigkeit und Fassaden im Lauf der Jahre schwer gelitten hatten. Unter anderem waren aufgrund des gesunkenen Grundwasserspiegels die hölzernen Pfähle und der Rost, auf denen die Gebäude am Roßneckar stehen, verfault. Dadurch war es zu Setzungen an tragenden Wänden gekommen, weshalb im Frühjahr 1992 sogar Notmaßnahmen wegen Einsturzgefahr erforderlich waren.

 

Wirt verursachte den Stadtbrand von 1701

Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass grundlegende Sanierungsarbeiten an den durch das Amtsgericht genutzten Bauten – das ehemalige Reichsstädtische Rathaus und die einstige Kanzlei des Ritterkantons Kocher – unumgänglich sind. Für 12,8 Millionen Euro wurde das heutige Schmuckstück der Stadt Esslingen wieder auf Vordermann gebracht. Dabei achteten die Verantwortlichen darauf, dass auch die neuen Räume in die ursprüngliche Ordnung der Häuser eingebunden wurden. Beispielsweise führt der Weg durch die mit jeweils zwei Durchgangstüren ausgestatteten heutigen Büros des Amtsgerichts nach wie vor zielstrebig auf den Kaisersaal mit seinen imposanten Deckenmalereien zu. Einst waren Besucher im äußersten Raum empfangen worden und je weiter sie durch die Türen in Richtung des Saals gelangten, umso höher war ihr Rang.

Dass das ehemalige Reichsstädtische Rathaus Anfang des 18. Jahrhunderts an dieser Stelle anstelle des bis dahin dort angesiedelten alten Fachwerkrathauses gebaut wurde, ist indirekt der Trunksucht des damaligen Wirts des „Schwarzen Adlers“ in der Strohgasse zu „verdanken“. Dieser soll am Abend des 25. Oktober 1701 betrunken hinter einem Kolben Branntwein eingeschlafen sein. Deshalb bemerkte er nicht, dass die Kerze herunterbrannte und den auf dem Tisch verschütteten Alkohol entzündete. Daraus entstand der verheerende Stadtbrand, dem auch das Alte Rathaus in der Ritterstraße zum Opfer fiel. Womöglich hätte es gerettet werden können, wären zwei Feuerseen vor dem Beutentor mit Wasser gefüllt, Pulver zum Wegsprengen von Häusern vorrätig und ein dickköpfiger Nachbar des Rathauses bereit gewesen, sein Haus einreißen zu lassen, um ein Übergreifen der Flammen auf das Rathaus zu verhindern.

Grundlegende Sanierung vor 15 Jahren

So aber lag es in Schutt und Asche und wurde durch das Reichsstädtische Rathaus ersetzt. Der Verfall hätte Letzterem auch drohen können, wäre es nicht vor rund 15 Jahren grundlegend saniert und für die Nutzung als Amtsgericht umgebaut und saniert worden. Beide Gebäude – das Rathaus und der Ritterbau – waren bereits im Jahr 1928 in das württembergische Verzeichnis der Baudenkmale eingetragen worden. Im Zuge der Arbeiten zwischen 2000 und 2004 wurden sie durch einen unterirdischen Gang miteinander verbunden.