Die Stadt Esslingen hat die bundesweit ersten Elektro-Hybrid-Busse angeschafft. Teilweise nutzen sie die O-Bus-Leitungen, teilweise kommt die Energie aus hochmodernen Batterien.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Es geht um zehn bis maximal 15 Kilometer. Genau das ist die Strecke, die die neuen Elektro-Hybrid-Busse in Esslingen ohne eine Verbindung zum Oberleitungsnetz mit Hilfe der in einer Batterie gespeicherten Energie zurücklegen können. Und doch bedeutet diese für einen Linienbus vergleichsweise kurze Strecke ein Quantensprung – nicht nur für Esslingen, sondern für den gesamten öffentlichen Personennahverkehr in Deutschland.

 

Denn momentan ist Esslingen die einzige Stadt in Deutschland, in der es ein voll elektrisches Bussystem gibt. Am Montag ist der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann deshalb extra nach Esslingen gekommen, um einen der vier neuen Busse, die das neue Zeitalter einläuten, an den Oberbürgermeister Jürgen Zieger zu übergeben. Mit der Anschaffung der jeweils rund eine Millionen Euro teuren Busse macht die Stadt seine O-Bus-Flotte fit für die Zukunft. Gebaut hat die auch optisch ein wenig futuristisch anmutenden Elektro-Hybrid-Gelenk-Trolleybusse die Firma Solaris. Sie wurden mit einer elektrischen Traktionsausrüstung und hochmodernen Batterien der Firma Vossloh Kiepe ergänzt.

Am liebsten geradeaus oder bergab

Eingesetzt werden sie zunächst auf der Linie 113 vom Bahnhof hinauf zum Zollberg und dann über Berkheim und Oberesslingen zurück zum Esslinger Bahnhof. Die Strecke bergauf bleibt der Bus an der Oberleitung und lädt in dieser Fahrtzeit die Batterie auf, die es dann vom Zollberg an möglich machen, dass der Bus den Rest der Strecke aus eigener Kraft bewältigt. Zugute kommt den Bussen dabei, dass weite Teile der oberleitungsfreien Strecke ebenerdig oder bergab führen. Das erhöht die mit der neuen Technik zurücklegbaren Kilometer.

Bevor man den Bus in der umgekehrten Fahrtrichtung einsetzen könne, erzählt der Werkleiter des Städtischen Verkehrsbetriebs Esslingen (SVE), Harald Boog, müsse die Leistungsfähigkeit noch gesteigert werden. Schließlich müsse man gewisse Reserven für unvorhersehbare Störungen wie längere Staus einplanen. Wahrscheinlicher sei es, dass die Busse auch auf der Linie 101 im Neckartal zwischen Untertürkheim und Esslingen-Zell eingesetzt werden könnten.

Platz für 110 Fahrgäste

Die neuen Busse bieten 44 Personen Sitzplätze. Sind zudem alle Stehplätze besetzt, kann der Bus 110 Menschen transportieren. Damit sei, so Harald Boog, der 18,75 Meter lange Bus in der Lage, auch auf stark frequentierten Strecken eingesetzt zu werden. Als Vision bezeichnet Boog seine Überlegungen, auch den Esslinger Norden an das Elektrobusnetz anzuschließen. Dazu müsste allerdings das Oberleitungsnetz in der Stadt weiter ausgebaut werden.

Die vier neuen Busse sind Ersatzbeschaffungen für drei in die Jahre gekommene O-Busse herkömmlichen Typs. Weil es in diesem Jahr noch Zuschüsse vom Land und vom Verband Region Stuttgart (VRS) gegeben habe, habe Esslingen die Anschaffungen um ein Jahr vorgezogen, so Boog. Das Land hat Esslingen mit 600 000 Euro aus dem Topf der Landesinitiative Elektromobilität gefördert. Der VRS hat die Hybridbusse in das Förderprogramm Modellregion für nachhaltige Mobilität aufgenommen und 400 000 Euro an die Stadt überwiesen. Mit diesen Zuschüssen kann der SVE Esslingen die Mehrkosten der neuen Technologie auffangen.

Die Entscheidung erleichtert hat den Stadträten, die immerhin drei Millionen Euro bewilligen mussten, dass die neuen Busse voraussichtlich deutlich länger eingesetzt werden können als herkömmliche O-Busse. Mussten diese nach zehn Jahren ersetzt werden, so geht der SVE davon aus, dass die Elektro-Hybrid-Busse 15 bis 18 Jahre eingesetzt werden können. Dann machen zwar die Motoren nicht schlapp. Der Verschleiß an der Karosserie werde aber dazu führen, dass dann eine Neubeschaffung notwendig sei.