Der SPD-Politiker Wolfgang Drexler bringt das Regierungspräsidium und den Denkmalschutz zusammen um einem Apotheker in Esslingen aus der Zwickmühle zu helfen.
Esslingen - Bis vor wenigen Tagen war Christoph Mauz, Esslinger Apotheker und Toxikologe, in einer bösen Zwickmühle. Und mit ihm die Rats-Apotheke am Rathausplatz, die als älteste Apotheke Württembergs gilt und als eine der ältesten Deutschlands. Sie hat sogar der Apothekergasse hinter dem Haus den Namen verliehen. Im Jahr 2017 hatte die altehrwürdige Apotheke ihren 500. Geburtstag gefeiert.
Es hätte ihr letztes rundes Jubiläum werden können. Schuld daran sind drei Stufen vor dem Eingang des 500 Jahre alten Fachwerkhauses. Das Regierungspräsidium hatte Barrierefreiheit gefordert und wollte statt der drei Stufen eine Rampe gebaut sehen, der Denkmalschutz indessen hatte sich gegen Edelstahlrampen auf dem Marktplatz ausgesprochen.
Barrierefreiheit kein Problem
Dabei ist für die Rats-Apotheke die Barrierefreiheit eigentlich kein Problem. Gehbehinderte Kunden können ebenerdig hinter das Haus fahren und so ins Büro gelangen, wo sie Christoph Mauz das Rezept aushändigen und ihr gewünschtes Medikament bekommen. Doch das Regierungspräsidium Stuttgart (RP) verlangte, dass die Gehbehinderten auch in die Offizin, in den Verkaufsraum der Apotheke, gelangen können. Und das ist nicht zu schaffen.
Damit steht nicht nur die Existenz von Christoph Mauz auf dem Spiel, sondern die der gesamten Apotheke. Denn ein möglicher Nachfolger für Christoph Mauz würde das uralte Haus mit sehr viel Geld umbauen müssen. Die Nachfolgefrage steht im Raum, weil Mauz bereits 65 Jahre alt ist.
In seiner Not wandte sich Mauz an den Landtagesabgeordneten Wolfgang Drexler (SPD). Der fand die Entscheidungen offiziell „lebensfremd“ und ließ durchblicken, dass er inoffiziell möglicherweise noch ganz andere Adjektive für die verfahrene Situation gefunden hätte. Also brachte er im Juli fünf Vertreter von Stadt, Denkmalamt und Regierungspräsidium nach Esslingen. Dort konnte sich das Regierungspräsidium überzeugen, dass man die drei Steinstufen nicht einfach abbauen kann, weil darunter ein ebenso denkmalgeschützter Sandsteinkeller liegt. Auch wurde dem Präsidium klar, dass eine Edelstahlrampe wahrlich kein Schmuckstück auf einem der schönsten Marktplätze der Region wäre.
„Wir haben in Esslingen mit unseren historischen Häusern einfach eine besondere Situation“, sagt Drexler. „Man muss in den Ämtern verstehen lernen, dass diese Häuser nur mit viel Geld und Engagement der Besitzer erhalten werden und dass man ihnen nicht auch noch die Arbeit zum Lebensunterhalt vergällen darf.“
Argumente fielen auf fruchtbaren Boden.
Offensichtlich sind seine Argumente auf fruchtbaren Boden gefallen. Denn auf Nachfrage teilte das Regierungspräsidium Stuttgart jetzt mit, dass es „die apothekenrechtliche Forderung nach einem barrierefreien Zugang nicht weiter aufrechterhält.“ Darüber wurde auch Christoph Mauz wenige Tage danach in einem Schreiben der Fachabteilung darüber informiert. Das RP schreibt, dass die Rats-Apotheke mit dem derzeitigen Apothekenzugang weiter betrieben werden könne, denn „als Genehmigungsbehörde sind wir der Arzneimittelsicherheit, dem Verbraucherschutz und dem Patientenwohl verpflichtet, was hier nicht durch die Frage der Barrierefreiheit tangiert wird.“
Noch wichtiger ist allerdings folgende Mitteilung: „Bei der Veräußerung einer Apotheke geht die gewährte Ausnahmegenehmigung auf den Nachfolger über. Denn sonst würde die Apotheke quasi unverkäuflich werden – was nicht im Sinne einer Genehmigungsbehörde sein kann“, sagt das Regierungspräsidium klipp und klar. Das bedeutet nichts weniger, als dass die Rats-Apotheke gerettet ist und auch noch in Zukunft weiter betrieben werden kann. Christoph Mauz kann sich jetzt endlich einen Nachfolger suchen und beginnen, ihn einzuarbeiten. Denn das ist natürlich auch eine Voraussetzung dafür, dass es die Rats-Apotheke noch bis zum nächsten runden Geburtstag schafft.