Die Esslinger Vogelsangbrücke ist die derzeit größte Baustelle in der Stadt. Jetzt hat sich das Land bereit erklärt, sich mit einem Zuschuss von 5,9 Millionen Euro an den Gesamtkosten in Höhe von 19,4 Millionen zu beteiligen.

Esslingen - Keine nennenswerten Rückstaus, die Arbeiten im Zeit- und Kostenrahmen und bisher keine unliebsamen Überraschungen – abgesehen von der unerfreulichen Tatsache, dass die Stadt Esslingen rund 19,4 Millionen Euro – abzüglich eines 5,9-Millionen-Euro-Landeszuschusses – in die Sanierung der Vogelsangbrücke stecken muss, macht die Baustelle den Verantwortlichen nur Freude. Selbst die Befürchtung des Handels, wonach die Stadt zur Weihnachtszeit und vor allem während des Weihnachts-und Mittelaltermarktes nur eingeschränkt zu erreichen sein könnte, scheint ausgeräumt.

 

„Wir haben noch ein paar Zentimeter auf der in die Stadt führende Fahrspur rausgequetscht. So können, wenn die Baustelle im Herbst in die Mitte der Brücke rückt, trotzdem auch Reisebusse in die Stadt fahren“, sagt Uwe Heinemann, der Leiter des städtischen Tiefbauamts.

Sensoren wachen künftig über den Zustand der Brücke

Seit dem März wird die in den Jahren von 1971 bis 1973 errichtete Brücke jetzt auf Vordermann gebracht. Verläuft weiter alles nach Plan, kann der Verkehr im Dezember 2020, auch wieder rechtzeitig vor dem Weihnachtsgeschäft, störungsfrei über eine dann generalsanierte Brücke rollen – zumindest in den kommenden 20 Jahren. So weit reicht der Planungshorizont für die Hauptschlagader des Verkehrs von und nach Esslingen, die auf 450 Metern Länge und in einer maximalen Höhe von zehn Metern den Neckar, die Bundesstraße 10 und die Bahnlinie Stuttgart-Tübingen überspannt. Um in Zukunft vor unliebsamen Überraschungen geschützt zu sein, sind im Brückenkörper eine Reihe von Sensoren verbaut, die bei Dehnungsbewegungen und bei Neigungen, die von der Norm abweichen, gleich Alarm schlagen.

Weil die Querung unter der Belastung von zuletzt 43 500 Fahrzeugen täglich in die Knie zu gehen drohte, war im Frühjahr dringender Handlungsbedarf angesagt. Denn daran, dass ihr Bauwerk einst solch einer Belastung würde standhalten müssen, hatten die Erbauer wohl im Traum nicht gedacht. Sie hatten vor 50 Jahren einer bis ins Jahr 1990 reichende Modellrechnung bedient. „Deshalb war die Brücke für eine Belastung von 34 000 Fahrzeuge am Tag ausgelegt“, sagte der Esslinger Oberbürgermeister, Jürgen Zieger, anlässlich einer Baustellenbegehung am Donnerstag. Inzwischen würden nicht nur deutlich mehr, sondern auch deutlich schwerere Autos über die Brücke rollen. Eine zusätzliche Belastung drohe der Brücke, wenn in den Jahren 2021/2022 die flussabwärts gelegene, ebenfalls marode Hanns-Martin-Schleyer-Brücke abgerissen und neu gebaut werden muss.

Eine Brücke, 13 Einzelbauwerke

Damit weder Zahl noch Gewicht der Fahrzeuge künftig an der Substanz des Betonbauwerks knabbern, zieht die mit dem Auftrag betraute Mannschaft der Arbeitsgemeinschaft Züblin/Leonard Weiß alle Register. „Genau genommen geht es nicht nur um eine Brücke, sondern um rund 13 Teilbauwerke inklusive der beiden Treppenhäuser“, sagt der Oberbauleiter Kai Händler, bei dem die Fäden zusammen- laufen. Hinzu kommt, dass die Baustelle den Verkehr auf einer der am stärksten befahrenen Bahnstrecke der Republik nicht beeinträchtigen darf. „Entlang der Auffahrtsrampe haben wir, damit kein Material auf die Gleise fällt, eine zehn Meter hohe Schutzwand hochziehen müssen, die durch vorbeifahrende Züge ausgelösten Windgeschwindigkeiten von 160 Stundenkilometern standhalten muss“, nennt Kai Händler ein Beispiel. Sobald auf den beiden neckarabwärts gelegenen Spuren der Fahrbahnbelag aufgebracht ist, wird die gesamte Baustelle in die Mitte der Brücke wandern. „Das ist im November der Fall“, sagt Uwe Heinemann. Abschließend, im Mai 2020, zieht die Baustelle dann auf die neckaraufwärts gelegene Brückenseite.