Susanne Buchwald und Michael Bügler bilden ein Tandem in der Leitung der Personalabteilung der Kreissparkasse. Foto: Ines Rudel
Shared Leadership bei der Esslinger Sparkasse: Susanne Buchwald und Michael Bügler sehen darin zugleich Karrieresprungbrett und die Aussicht, länger im Beruf zu bleiben.
Greta Gramberg
08.06.2025 - 20:00 Uhr
Die ersten Monate haben nahezu reibungslos funktioniert. „Wir sind selber überrascht“, sagt Susanne Buchwald. Die 43-Jährige teilt sich seit Januar mit Michael Bügler die Leitung der Personalabteilung der KreissparkasseEsslingen-Nürtingen (KSK). Sich Stellen, auch Führungspositionen zu teilen, ist ein Modell, das unter Begriffen wie Jobsharing und Shared Leadership seit ein paar Jahren immer wieder in Firmen öffentlichkeitswirksam ausprobiert wird. In der Breite angekommen ist es aber noch nicht. Buchwald und Bügler sehen für sich persönlich Vorteile – und sie sind überzeugt, dass Jobsharing und Shared Leadership in vielen Berufen Vorteile für Beschäftigte und Arbeitgeber haben kann.
„Für mich ist es ideal, in Teilzeit in eine Führungsfunktion zu kommen“, sagt Buchwald. Sie könne sich derzeit nicht vorstellen, in Vollzeit zu arbeiten, weil sie auch Zeit für ihre zehnjährige Tochter haben wolle. Doch nicht nur Buchwald, auch ihr Kollege Michael Bügler findet das neue Arrangement gut. Bügler war zuvor allein Chef der Personalabteilung. „Ich wollte meinen Beschäftigungsgrad reduzieren“, sagt der 60-Jährige. Um das zu kompensieren, sei das Tandem mit Susanne Buchwald als erfahrener Personalreferentin ideal.
Jobsharing in Führung: selten, aber vielversprechend
Ähnliche Bedarfe sieht das Duo auch bei anderen Erwerbstätigen. Dennoch gehören Buchwald und Bügler wohl zu einer Minderheit. So ist zumindest der subjektive Eindruck von Christoph Nold, der als Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer im Bezirk Esslingen-Nürtingen im ständigen Austausch mit Mitgliedsunternehmen ist. „Auf der ersten Führungsebene begegnet mir das nahezu gar nicht“, sagt er. Auf Ebene von Team-, Referats- und Abteilungsleitungen komme geteilte Führung dagegen eher mal vor. Zwar gibt es keine Zahlen dazu, wie viele Menschen sich Jobs und Führungspositionen teilen. Aber Nold verweist auf eine Erhebung zum Thema Teilzeit in Führung, die Anhaltspunkte geben kann. Dieser Umfrage des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) aus dem Jahr 2023 zufolge arbeiteten nur 13 Prozent der Führungskräfte in Teilzeit.
Laut IW schrecken wohl vor allem zeitliche Anforderungen an Führungskräfte potenzielle Kandidaten ab, während die Teilzeitquote zunimmt. Nold sieht auch in Zukunft auf der Arbeitgeberseite die Notwendigkeit und das Bemühen, flexible Rahmenbedingungen für Beschäftigte zu bieten. Auch wenn es derzeit vor allem in der Industrie Stellenabbau gebe, sei das Thema Fachkräftemangel noch immer virulent, zumal in den nächsten Jahren die Babyboomer in Rente gingen. „Und die Lebenssituation der Arbeitnehmer wird eher komplizierter“, sagt Nold mit Verweis auf Kapazitätsprobleme in der Kinderbetreuung und der Pflege von Angehörigen. Das seien Umstände, auf die Unternehmen reagieren müssten. Deswegen böten viele auch weiterhin flexible Arbeitsmodelle – wenn auch Jobsharing wohl nicht der häufigste Baustein sei.
Steigende Nachfrage nach Teilzeit auch in Esslingen
„Auf der anderen Seite gibt es ältere Führungskräfte, die gerne ihre Arbeitszeit reduzieren möchten“, sagt Bügler. Die Kreissparkasse will Beschäftigte nicht früher in den Ruhestand schicken. Sie bietet ihnen dagegen ab einem Alter von 57 an, ihre Arbeitszeit zu reduzieren bei einem gewissen Aufschlag zum Gehalt. „Wir wollen die Leute ja länger halten, wenn auch mit einer geringeren Arbeitszeit.“
Jobsharing: Mehr Arbeitskraft durch flexible Führungsmodelle
Mittels Jobsharing, davon sind Buchwald und Bügler überzeugt, kann mehr Arbeitskraft gewonnen werden: die von Frauen und jüngeren Beschäftigten in Führung, und die von älteren Experten, die länger im Beruf bleiben.
Noch sind Buchwald und Bügler das Pilotprojekt in Sachen Shared Leadership bei der KSK. Doch es gebe bereits informelle Anfragen aus anderen Abteilungen im Haus, in denen sich Beschäftigte in ähnlichen Lebenssituationen wie das Personaler-Tandem für deren Arbeitsmodell interessieren. Die Kreissparkassenspitze ist offenbar schon überzeugt: Mittlerweile schreibt die KSK alle Stellen als grundsätzlich im Jobsharing besetzbar aus.
So funktioniert das KSK-Jobtandem
Abläufe Susanne Buchwald und Michael Bügler arbeiten beide 70 Prozent. Sie teilen sich die disziplinarische Führung der Personalabteilung. Darüber hinaus haben aber beide auch noch eigene fachliche Aufgaben. Um die Rolle als Abteilungsleitung zu zweit gut zu meistern, gibt es klare Arbeitsabläufe im Tandem und in der Abteilung. Auf Anfragen antwortet der Teil des Jobtandems, der zuerst reagiert. Der andere wird in Kenntnis gesetzt. Für Anträge und Rechnungen bedarf es nur der Freigabe durch eine der Führungskräfte. Das Chefduo spricht sich untereinander gut ab. Es gibt einen gemeinsamen Präsenztag im Esslinger Büro. Und die freien Freitage werden untereinander aufgeteilt.
Voraussetzungen „Wichtig ist, dass man sich versteht, miteinander kommuniziert und sich vertraut“, sagt Susanne Buchwald. Michael Bügler ergänzt, dass man auch etwas aus der Hand geben können müsse, und man dürfe sich nicht übergangen fühlen. Auch wenn man etwas anders sehe, müsse man die Entscheidung des Tandempartners akzeptieren. „Vielleicht entdeckt man aber auch: Ja, den Weg gibt es auch“, sagt Buchwald.
Unterschiede „Ich profitiere von den Erfahrungen von Michael Bügler“, sagt Susanne Buchwald. Sie finde es mutig, dass ihr Kollege immer wieder neue Ideen und Wege in die Personalstrategie der KSK einbringe wie das Modell einer Lebensphasen geprägten Personalbegleitung. „Das Kreative, der Weitblick fehlt mir vielleicht noch ein bisschen.“ Dafür sei sie mehr mit den Details und Herausforderungen des Tagesgeschäftes vertraut. „Ich gehe oft nicht so sehr in die Tiefe“, sagt Michael Bügler. Das sei manchmal von Vor-, manchmal von Nachteil. Da sei es gut mit jemandem zusammenzuarbeiten, der mit dem operativen Geschäft gut vertraut sei.