Obwohl beim Abgastechnikspezialisten Eberspächer das Geschäft floriert, hat das Esslinger Familienunternehmen im vergangenen Jahr 29,2 Millionen Euro Verlust gemacht. Verantwortlich dafür sind Bußgeldzahlungen von gut 86 Millionen Euro.

Wirtschaft: Imelda Flaig (imf)

Esslingen - Die Eberspächer-Chefs können aufatmen, denn das Thema Kartellstrafen scheint nun abgehakt. Auch die Finanzierung für die nächsten Jahre steht, so dass das Familienunternehmen nicht auf einen Partner angewiesen ist. „Wir sind eigenständig stabil“, sagt Finanzchef und Geschäftsführender Gesellschafter Martin Peters bei einem Gespräch in Esslingen und kontert Gerüchten, wonach das Unternehmen auf Partnersuche sei oder gar einen Teil seines Geschäfts verkaufen wolle. „Wir haben keinen Druck über so etwas nachzudenken.“ Wegen Effizienzproblemen und drohender Kartellstrafen war das Unternehmen 2014 in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Im April 2015 habe man mit Banken eine Fünf-Jahresplanung erstellt und ein Finanzierungspaket geschnürt, in dem alle Eventualitäten berücksichtigt seien und „das uns unabhängig erhält als Familienunternehmen“, betont er.

 

Um künftige Kartellverstöße auszuschließen, hat Eberspächer das Compliance-Programm intensiviert. „Wenn Sie so ein gebranntes Kind sind, wird es immer wichtiger die Mitarbeiter zu sensibilisieren“, sagt Peters. Top-Führungskräfte, die zum Zeitpunkt der Verstöße verantwortlich waren, sind nicht mehr im Unternehmen. „Wir gehen davon aus, dass so etwas in unserem Haus nicht mehr passieren kann. Das darf nicht mehr passieren“, sagt Peters.

In den vergangenen zwei Jahren musste der Esslinger Autozulieferer 100 Millionen Euro an Kartellstrafen zahlen. Allein 2015 schlugen die Bußgelder im Zusammenhang mit Preisabsprachen in der EU und in den USA mit 86,2 Millionen Euro zu Buche. Hinzu kamen weitere Belastungen etwa durch Abschreibungen in Brasilien, wo Eberspächer wegen der dortigen Krise ein nicht ausgelastetes Werk hat, sowie Steuereffekte, so dass sich die außerordentlichen Bealstungen 2015 auf insgesamt 110 Millionen Euro summierten. Das hat tiefe Spuren hinterlassen und für einen Jahresfehlbetrag von 29,2 Millionen Euro gesorgt. Im Jahr zuvor waren es immerhin noch 3,6 Millionen Euro Jahresüberschuss.

Lässt man diese Sonderfaktoren außen vor, ist das Unternehmen allerdings gut vorangekommen. Peters spricht sogar von einem „Erfolgsjahr“, denn Eberspächer ist mit einem Umsatzzuwachs von 21,5 Prozent auf 4,37 Milliarden Euro nicht nur stärker gewachsen als der Markt – die deutsche Zulieferbranche brachte es auf ein Plus von drei Prozent – , sondern hat sich auch operativ verbessert. Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit (vor Beteiligungs-, Finanzergebnis und außerordentlichem Ergebnis) hat sich auf 126,4 Millionen Euro (Vorjahr: 57,7 Millionen Euro) mehr als verdoppelt.

Wachstumstreiber war vor allem das Geschäft mit Abgasanlagen – allen voran für Nutzfahrzeuge. Hier profitiert das Esslinger Unternehmen von strengeren Abgasvorschriften (Euro 6) und konnte etliche Neuaufträge an Land ziehen. Das sorgt nicht nur für eine gute Auslastung in den Abgasstandorten, sondern auch für den Bau neuer Werke. In Rumänien (Oradea) soll die Produktion von Abgasanlagen im Herbst starten. Bis Jahresende dürften dort rund 150 Mitarbeiter beschäftigt sein, in zwei bis drei Jahren gar 500 sein. „Das Wachstum wird im Ausland erfolgen, deshalb werden wir dort weitere Standorte eröffnen“, sagt der geschäftsführende Gesellschafter Heinrich Baumann. Fast 70 Prozent des Umsatzes macht Eberpächer im Ausland. Es mache keine Sinn, Abgasanlagen nach China oder in die USA zu schippern. Auch das Werk in Brighton (Michigan/USA) wird erweitert. Um sich noch stärker im Wachstumsmarkt Asien zu positionieren, gründet Eberspächer ein weiteres Werk in China (Chongqing), wo man dann mit sieben Standorten vertreten ist.

Die Zahl der Mitarbeiter liegt mittlerweile weltweit bei knapp 10 000, rund die Hälfte davon in Deutschland, wo es tendenziell zu keinem Aufbau kommen werde in den nächsten Jahren, so die Eberspächer-Chefs. Im Werk Neunkirchen (Abgastechnik), das erhebliche Kostenprobleme hatte, wurden seit 2013 rund 350 Jobs sozialverträglich abgebaut, die Zahl dürfte 2016 noch leicht sinken. Beschäftigt sind dort 1200 Mitarbeiter, weitere 400 in globalen Funktionen. Das Werk sei noch nicht profitabel, habe aber einen „Riesenschritt“ gemacht, sagt Peters. Er sieht es auf gutem Weg eines der wesentlichen Eberpächer-Werke in der Abgastechnik zu werden. In Esslingen, wo eine Heizlinie nach Polen verlagert wurde, arbeiten rund 1200 Mitarbeiter. Fürs laufende Jahr gaben sich die Eberspächer-Chefs zuversichtlich, denn die Weichen für profitables Wachstum seien gestellt. Beim Ergebnis werde es einen „Sprung“ geben. Ohne Sondereffekte hätte Eberspächer schon 2015 eine Nachsteuerrendite von 1,5, bis zwei Prozent geschafft. Ziel seien drei Prozent. Das werde man aber wohl erst 2017 erreichen. Die Eigenkapitalquote ist 2015 auf 16 (Vorjahr 20) Prozent gesunken. Die Investitionen lagen bei 123,2 Millionen Euro (minus 13,5 Prozent), der aufwand für Forschung und Entwicklung bei 149,5 Millionen Euro (plus 8,3 Prozent).