Musikalisch schlagen sie die harten Töne an, doch die Metal-Fans haben auch ein großes Herz. Das Esslinger Benefiz-Festival „Rock for one World“ stand diesmal ganz im Zeichen der Erinnerung an seine verstorbenen Macher. Die Fans hoffen, dass es weitergeht.

Lange waren sie die Gesichter des Benefiz-Festivals „Rock for one World“ (ROW): Stanislaw „Stani“ Szczepaniak und Klaus „Metal Dad“ Wagner. Doch im vergangenen Winter sind beide binnen weniger Wochen überraschend gestorben – ein herber Rückschlag für das Organisationsteam und für die vielen Heavy-Metal-Fans, die es genießen, harte Rockmusik live zu erleben und damit Gutes zu tun. Kurze Zeit hing die Zukunft des ROW am seidenen Faden, doch dann sprangen Klaus Wagners vier Kinder Reik und Zora Hansmann sowie Kevin und Marvin Wagner in die Bresche und beschlossen, das Festival wie geplant zusammen mit dem verbliebenen Organisationsteam um Steffen Würtele und Ben Stenzle zumindest in diesem Jahr weiterzuführen. Was danach kommt, steht noch in den Sternen. Doch die 18. Auflage von „Rock for one World“, die am Samstag im Esslinger Komma über die Bühne ging, dürfte Musikern, Organisatoren und Fans Lust auf mehr gemacht haben.

 

„Für uns war es klar, dass das Festival wie geplant stattfinden muss“, sagt Zora Hansmann. „Klaus, Stani und viele andere haben so viel Engagement und Herzblut in dieses Projekt gesteckt, dass wir es ihnen schuldig waren, das ROW wie geplant stattfinden zu lassen. Und wir haben auch an die vielen Menschen und Organisationen gedacht, die unsere Unterstützung brauchen.“ Verschiedenen Einrichtungen und Organisationen hat das Festival seit seiner Premiere im Jahr 2005 finanziell unter die Arme gegriffen.

Rückenwind für soziale Zwecke in Esslingen

Zora Hansmann und das ganz Festival-Team wollten ihrem „Metal Dad“ Klaus Wagner die Ehre erweisen. Foto: R/obin Rudel

Fast 170 000 Euro an Spendengeldern sind über die Jahre zusammengekommen. Das liegt auch am Konzept: Bereits im Vorfeld sind alle organisatorischen Kosten wie Tickets, Gema-Gebühren, technisches Equipment, Flyer, Plakate, Plakatierungsgebühren, Getränkebecher, Versicherungen und Anreisekosten der Bands über Sponsoren finanziert. Die Bands spielen ohne Gage und erhalten keine versteckten Zuwendungen. Und das gesamte ROW-Team arbeitet unentgeltlich. So kommen alle Eintrittsgelder und der gesamte Getränkeumsatz dem jeweiligen Spendenzweck zugute. „Es geht um mehr als nur Musik – es geht um Zusammenhalt, Leidenschaft und den guten Zweck“, bringt Zora Hansmann das Anliegen aller Beteiligten auf den Punkt.

Das 18. „Rock for one World“ war ein ganz besonderes Festival, weil über dem gesamten Abend die Erinnerung an „Metal Dad“ und „Stani“ stand. „Man hat gespürt, wie sehr die beiden in den Herzen vieler Musiker und Fans und natürlich in unser aller Herzen sind“, freute sich Zora Hansmann. „Alle haben ihr Bestes gegeben, damit dieser Abend ein ganz besonderer wird.“ Und das ist er tatsächlich geworden. Die Heavy-Metal-Band Cave aus Ludwigsburg hat den Abend mit kraftvollem Old-School-Hard ’n’ Heavy-Sound eröffnet, und schon da war klar, dass nicht nur Musiker und Organisationsteam, sondern auch die Fans alles geben würden.

Harter Sound und großes Herz

Die Metal-Fans gingen begeistert mit. Foto: R/obin Rudel

Da mochte die Schweizer Hardrock-Band The Order in nichts nachstehen und riss das Publikum mit eingängigen Melodien und druckvollem Sound mit. Psychopunch aus Schweden setzten mit krachendem Punk-Rock noch einen drauf – ausgelassen tanzten die Fans vor der Bühne. Damit war das Feld fürs große Finale mit der deutschen Melodic-Death-Metal-Band Mission in Black um Sängerin Steffi Stuber bereitet. „Unfassbar, was da im Saal abging“, konnten Zora Hansmann und das Team nur staunen.

Wie es weitergeht, soll sich schon bald entscheiden. Der Erfolg des jüngsten Festivals könnte die Organisatoren zum Weitermachen ermuntern. Für das Publikum und mit ihm für viele der Musikerinnen und Musiker, die dem Festival teils seit Jahren eng verbunden sind, war jedenfalls schon an diesem Abend klar, dass es eine Fortsetzung geben soll. Als die Macherinnen und Macher zwischendurch auf die Bühne kamen, machten die rund 400 Zuhörerinnen und Zuhörer mehr als deutlich, dass die Erfolgsgeschichte noch nicht zu Ende geschrieben sein sollte.

Blick in die ROW-Gechichte

Anfänge
 Ralf Schulz, einstiger Schlagzeuger der Heavy Metal-Bands Tyran’ Pace und Sinner, hat das Festival „Rock for one World“ (ROW) aus der Taufe gehoben. Schulz war im Dezember 2004 in Thailand, als ein verheerender Tsunami über das Land hinwegfegte. Weil der Esslinger Musiker wie durch ein Wunder die Naturkatastrophe überlebt hatte und weil ihn die Hilfsbereitschaft der Menschen vor Ort beeindruckte, wollte er nach seiner Rückkehr etwas für die Opfer tun. Als erfolgreichem Musiker fehlte es ihm nicht an den nötigen Kontakten in der Rockmusik-Szene. Und so konnte das Festival „Rock for one World“ im März 2005 zum ersten Mal über die Bühne gehen.

Erfolge
„Was anfangs belächelt wurde, entwickelte sich zum festen Event“, erinnerten sich später die damaligen Macherinnen und Macher. International renommierte Bands wie Primal Fear, Sinner, The New Roses, Nitro Gods, Mystic Prophecy und Herman Frank (Accept) standen bereits auf der Festival-Bühne. Fast 170 000 Euro an Spenden wurden mobilisiert. Wurden anfangs die Opfer des Tsunami unterstützt, so fließen die Gelder inzwischen an soziale Zwecke in der Region. In diesem Jahr werden der Verein Wildwasser, die Hängebrücke und das Hospiz in Esslingen sowie die Weihnachtsspendenaktion der Eßlinger Zeitung bedacht.

Rückschlag
Kurz vor der neunten Auflage des ROW im Jahr 2014 ist Ralf Schulz überraschend gestorben. Doch seine Idee ist bis heute lebendig wie eh und je. Klaus Wagner und Edgar Blum übernahmen die Organisation, dank engagierter Bands und Sponsoren wuchs das Festival weiter und hat selbst die Corona-Zeit überstanden.