Efeu bedroht die Burg. Während man ihn im Osten absägt, wächst der Mauerzerstörer im Westen wieder nach. Das will der Landtagsabgeordnete Wolfgang Drexler nicht hinnehmen und schreibt einen Brandbrief an die Stadtverwaltung.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Gerade beginnen Arbeiter, den östlichen Teil der Burg zu richten. Sie schneiden dort etappenweise den unerwünschten Efeu ab und sanieren die Mauern. Doch auch im Westen, an der Burgstaffel, gibt es etwas Neues.

 

Wolfgang Drexler, Landtagsvizepräsident (SPD) und rühriger Esslinger Kommunalpolitiker, schickte Bilder von unbotmäßigen Efeupflanzen, auf die ihn Bürger aufmerksam gemacht hätten. Der Mauerzerstörer hat schon wieder die Burgstaffel erklommen und ist bereits durch das Dach der Staffel gedrungen, wo er gerade beginnt, die eigens nachgebrannten mittelalterlichen Ziegel hochzuheben. Dann könne wieder Wasser eindringen, und das Mauerwerk schädigen, schreibt Drexler.

Fazit des Vize: „Sollte der Bewuchs durch Efeu an der Dachkonstruktion weiterhin anhalten, ist von erheblichen Kosten durch die Schädigung auszugehen.“,Wolfgang Drexler fragt sich, wie man soviel Geld für die Sanierung ausgeben könne, und dann wieder tatenlos zusehe, wie der Efeu seine Zerstörungen fortsetze. Denn vor 20 Jahren war die Sanierung der Burgstaffel nur mit einem erheblichen Einsatz von städtischem Geld und Spenden möglich, insgesamt 1,8 Millionen Euro. Zur Not könne man doch ein privates Gartenbauunternehmen beauftragen, sagt Drexler. Denn es geht tatsächlich um viel Geld. Die Sanierung der Burg kostet insgesamt 2,4 Millionen Euro.

Die Burg und der Dicke Turm sind das Wahrzeichen der Stadt

Für die gestandenen Esslinger ist die Burg und vor allem der Dicke Turm darauf das Wahrzeichen der Stadt. Die Burg wird durch zwei mächtige Schenkelmauern mit der Stadt verbunden, die den Burgweinberg einschließen. Die westliche Mauer, die Burgstaffel, trägt sogar noch das mittelalterliche Dach, die östliche, die Landolinsmauer, ist stellenweise, unter dem grünen Bewuchs kaum mehr erkennbar. Auch haben die Verwitterungen diesen Teil der Esslinger Burg ziemlich in Mitleidenschaft gezogen.

Böse Zungen behaupten, dass man die Mauer nach Westen deswegen immer in Schuss gehalten habe, weil sie in Richtung des verhassten Stuttgart ging. Sicher war sicher. Das Ensemble aus den beiden Mauern ist weltweit beinahe einzigartig. Ein zweites Beispiel für eine Stadtbefestigung dieser Art gibt es nur noch in der Schweiz. Uralt ist die Mauer obendrein. Im Unterbau lassen sich noch deutliche staufische Buckelquader erkennen.

Hedera Helix, zu deutsch Efeu, hat nicht nur die Eigenschaft, die Bäume umzubringen, die er befällt, er betätigt sich auch als zuverlässiges Abrissunternehmen für historische Bauten. Die Wurzeln dringen ins Mauerwerk ein, setzen sich dort fest und sprengen die Steine heraus. Deswegen reicht es nicht, wenn die Arbeiter den Efeu abschneiden. Sie müssen die Stellen, in denen er in die Mauerquader hinein gewachsen ist, herausbohren und frisch verputzen. „Sonst könnten sich Steine lösen und die Menschen gefährden“, sagt Oliver Wannek vom Städtischen Gebäude Management.

Verstärkt werde das Problem dadurch, sagt Burkhard Nolte vom städtischen Grünflächenamt, dass an den beiden Mauern viele Grundstücke in privater Hand seien. Dort könne die Stadt nicht einfach eingreifen, sondern müsse die Besitzer erst auffordern, den Efeu zu beseitigen.

Allerdings ist der grüne Klettermaxe schön romantisch. Die Mauer an der Landolinsteige hat er an der Ostseite beinahe komplett überwuchert und dort ein eigenes Biotop geschaffen. Auf der Mauerkrone wuchern schon Ahorn und Birken. Sogar eine Eibe streckt dort Nadelzweige ins Licht. Immerhin hat die Stadt inzwischen den Rückschnitt des von Wolfgang Drexler angeprangerten Efeus beauftragt. Auch er sei von einem privaten Grundstück emporgewachsen, teilt der Esslinger Pressesprecher Roland Karpentier mit.

Zugute halten muss man der Stadtverwaltung, das sich Hedera Helix in der Gegend wohl ziemlich hartnäckig hält. Darauf deutet zumindest der Name für die Stichstraße neben der Landolinsteige hin. Die heißt schlichtweg „Im Efeu.“