Nach einer heftigen Debatte haben die Grünen den Esslinger Appell des Gemeinderates für Stuttgart 21 vertagt. Eine weitere Sitzung ist geplant.

Böblingen : Ulrich Stolte (uls)

Esslingen - Vertagen ist nicht vertragen: Zwischenrufe und Redeschlachten haben am Montag im Esslinger Gemeinderat eine Tischvorlage zu Stuttgart 21 begleitet. Dieses als Esslinger Appell bezeichnete Papier listet Gründe für Stuttgart 21 auf und endet mit der Empfehlung des Gemeinderates, für das Bahnprojekt zu votieren.

 

Einig waren sich zwar alle Fraktionen beim Aufruf, sich an der ersten Volksabstimmung in Baden-Württemberg zu beteiligen. Die Grünen sahen in dem Papier jedoch eine Wahlempfehlung und zogen nicht mit. Ihr Argument: Staatsorgane dürften keine Empfehlung aussprechen, um eine Chancengleichheit zu gewährleisten.

Böses Blut bei den anderen Fraktionen hatte im Vorfeld bereits die Tatsache hervorgerufen, dass die Grünen die Dienstaufsicht des Regierungspräsidiums angerufen hatten. Doch das Regierungspräsidium Stuttgart ließ die Grünen abblitzen und bescheinigte am Montagnachmittag per E-Mail: "Die aktuelle Fassung des Appells gibt keinen Anlass zum aufsichtlichen Tätigwerden."

Etwa 20 Aktivisten mit Transparenten vor Ort

Er lasse sich von keiner Behörde in seiner demokratischen Meinungsfreiheit beeinflussen, sagte der Sprecher der Freien Wähler, Dieter Deuschle. Der CDU-Fraktionssprecher Gerhard Heubach formulierte es ähnlich und forderte eine "Toleranz 21" ein. Auch der SPD-Fraktionsschef Andreas Koch wies "jeden Versuch, den Gemeinderat an seiner freien Meinungsentfaltung zu hindern" weit von sich.

Alle drei Fraktionen unterstützten noch einmal die Fassung des Appells. Er soll in ihren Augen mithelfen, Stuttgart 21 auf den Weg zu bringen und Schaden von der Stadt abzuwenden. Dieser würde entstehen, wenn mit dem Kopfbahnhof 21 eine neue Trasse über Esslingen/Weil hinwegführen würde. Die Grünen-Fraktionssprecherin Carmen Tittel zweifelte noch einmal die Rechtmäßigkeit einer Wahlempfehlung öffentlich an, und listete in einer langen Rede die Gegenargumente zu Stuttgart 21 auf. Dabei erhielt sie viel Beifall von den Mitgliedern der Esslinger Initiative gegen Stuttgart 21, die schon vor der Gemeinderatssitzung auf dem Rathausplatz demonstriert hatten. Etwa 20 Aktivisten waren dort mit Transparenten versammelt gewesen.

Jürgen Menzel (Grüne) stellte schließlich überraschend den Antrag, die Diskussion zu vertagen. Mit Hilfe der Linken kamen die Grünen auf die erforderlichen acht Stimmen, die laut Geschäftsordnung genügen, den Punkt von der Tagesordnung abzusetzen. Mit diesem Manöver zog er sich den heftigen Unmut der anderen Fraktionen und der Verwaltung zu. Der Esslinger Oberbürgermeister Jürgen Zieger kündigte an, noch in dieser Woche eine weitere Sitzung anzuberaumen.