Sonnenbrand, Wassermangel und neue Schädlinge: Der Klimawandel wirkt sich in vielfältiger Weise auf den Obstanbau in der Region aus. Der Esslinger Landwirt und Experte Martin Krinn gibt Gartenbesitzern Tipps, wie sie sich rüsten können

Zu lange Hitze- und Trockenheitsperioden einerseits, im Gegenzug zu massive und lang anhaltende Niederschläge andererseits – die Auswirkungen des Klimawandels sind hierzulande längst spürbar. Immer häufiger auftretende Wetterextreme machen der Natur zu schaffen. Auch Spätfrost im Frühjahr und Hagel sowie hierzulande neu auftretende Schädlinge und Krankheiten werden zum Problem. Das macht sich landauf, landab in der Landwirtschaft und im gewerblichen Obstanbau bemerkbar, aber auch in den privaten Gärten. Martin Krinn, Eigentümer des Berkheimer Krinnhofs mit einer stattlichen Obstplantage, ist Experte für die Anforderungen, die der Klimawandel an Landwirte und Gärtner stellt.

 

Seit 1957 wird auf dem Krinnhof Obst im Nebenerwerb angebaut und vermarktet. Auf der Plantage wächst ein Mix aus Kern-, Beeren- und Steinobst. „Ein großes Trockenjahr wie derzeit hatten wir schon öfter“, so Martin Krinn, der auch Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau beim Kreisverband der Obst- und Gartenbauvereine Esslingen ist. Er rechnet damit, dass die Wetterextreme künftig eher noch zunehmen werden. „Besonders der Wassermangel bleibt langfristig ein zentrales Thema beim Obst- oder Gemüseanbau“, sagt der Experte. Er selbst sei in der glücklichen Situation, den für die Gegend typischen fruchtbaren Löss-Lehmboden zu haben, der Wasser gut speichere. „Man kann nur hoffen, dass er nicht noch weiter versiegelt wird, wie vielerorts bereits geschehen“, betont Krinn. Deutlich mehr bewässern müsse man etwa bei einem sandigen Boden: „Ein Apfelbaum braucht ohne Regen pro Tag im Schnitt drei Liter Wasser. Ich habe rund 800 Apfelbäume, das wären 2400 Liter pro Tag, würde mein Boden das Wasser nicht so gut speichern“, rechnet Krinn vor. „Beim Beerenobst brauchen besonders die Himbeeren ausreichend Wasser.“ Ein Tipp zum Wassersparen sei das Hacken: „Dadurch werden die Kapillaren im Boden unterbrochen. Sie leiten Wasser aus tieferen Bodenschichten nach oben, wo es verdunstet. Unterbricht man den Mechanismus, wird Wasser im Boden gehalten.“ Ratsam sei es also, nach dem Gießen alle Beete einmal oberflächlich durchzuhacken. Sei der Boden gelockert, könne er bei Starkregen das Wasser besser aufnehmen. Eine weitere Option bei Trockenheit sei das Mulchen des freien Bodens zwischen den Pflanzen. Der Mulch halte den Boden feucht und versorge die Beete mit Nährstoffen.

Auch Kälte ist ein Problem – im Frühjahr

Weil infolge der früh im Jahr steigenden Temperaturen bereits im März viele Pflanzen austreiben, wird der Spätfrost immer öfter zum Problem. Bis zu den Eisheiligen vom 11. bis 15. Mai rechnen Landwirte mit Bodenfrost. Kälteempfindliche Pflanzen benötigen dann Schutz vor Kälte, zum Beispiel durch die Abdeckung mit einem Gartenvlies. Bei Obstbäumen kann später Frost besonders große Schäden anrichten. Sobald sie Blütenknospen und Triebe angesetzt haben, können Minusgrade unter Umständen die gesamte Ernte gefährden. Als Faustregel gilt: Geschlossene Knospen vertragen minus vier Grad. Wenn die Blütenblätter schon zu sehen sind, liegt eine Temperatur von minus zwei Grad noch im Toleranzbereich, bei offenen Blüten liegt die Grenze bei null Grad.

Martin Krinn hat der Frost Anfang April seine Pfirsich- und Aprikosenernte gekostet, „alles andere war zufriedenstellend angesichts der schwierigen klimatischen Bedingungen.“ Eine vorbereitende Schutzmaßnahme vor der Hitze ist besonders für junge Bäume im November oder Dezember der Weißanstrich des Stamms und gegebenenfalls der Leitäste mit einer speziellen Baumfarbe. Diese reflektiert die Sonneneinstrahlung und schützt den Baum so vor zu hohen Temperaturen. Ohne Schutzanstrich hat die Pilzfäule ein leichtes Spiel, als Folge stirbt der Stamm ab. Beim Pfirsich- oder Aprikosenbaum kann die von einem Pilz ausgelöste Kräuselkrankheit zum Problem werden. Sie zeigt sich an den Blättern. Zur Vorbeugung sei ein sonniger, luftiger Standort hilfreich, die Baumkronen sollten nicht zu dicht sein, damit die Blätter nach Regen schnell abtrocknen, so Krinn. „Dazu kann man im Januar oder Februar vor den großen Regenperioden mit Kupfer als Schutzmittel arbeiten, sonst hat man am Ende keine Blätter mehr.“ Zwingend entfernen müsse man zudem alle fauligen Früchte, sogenannte Fruchtmumien, sie seien eine Infektionsquelle für Krankheiten. „Das ist auch im Hausgarten wichtig. Abgestorbene oder zu sehr auf den Boden hängende Äste sowie Wassertriebe gehören ebenfalls entfernt“, erklärt Krinn.

Cox Orange und Schattenmorelle sind auf dem absteigenden Ast

Ein weiteres klimatisch bedingtes Thema sei die Zunahme an Schädlingen aus südlichen Gefilden, gegen die man sich im Obst- und Gemüsebau rüsten müsse – sowohl mit Schutzmaßnahmen als auch der Umstellung auf resistentere Sorten. Besonders anfällige, bei den Sauerkirschen etwa die Schattenmorelle oder bei den Apfelsorten Cox Orange, kämen mit den Wetterextremen nicht zurecht. Robustere Alternativen seien bei den Kirschen etwa die Sorte Achat, bei den Äpfeln Rewena, Topaz, Alkmene, Karneval oder Barbarossa. Beim Beerenobst sei bei der Auswahl die Resistenz gegen Mehltau wichtig.

Richtig pflanzen und schneiden

Unterlage
Pflanzmaterial der wichtigsten Baumobstarten (Apfel, Birne, Kirsche, Zwetschge) wird durch „Veredelung“ gewonnen. Sie vermehren sich nicht durch Aussaat oder Stecklinge. Vor allem bei Apfel, Birne und Kirsche wird die Größe des ausgewachsenen Baumes durch die passende Unterlage festgelegt. Auch die Wurzeltiefe ist entscheidend für die Wasseraufnahme aus dem Boden.

Schnitt
In der Regel wird im Frühjahr und Winter geschnitten – je nach Baum-/Pflanzenart und deren Alter. Frisch gepflanzte Bäume werden nur im Frühjahr geschnitten, ebenso wie etwa Pfirsich-, Aprikosen-, oder Zwetschgenbäume. Im Sommer ist ein Korrekturschnitt bis Ende August möglich, zum Beispiel zum Auslichten oder um abgestorbene und blattlose Äste sowie faulige und verdorrte Früchte zu entfernen. Trägt ein Baum zu viele Blüten, kann man ihn ausdünnen, um die Ernte und Reifequalität zu verbessern.