Der angedachte Verkauf ist vom Tisch. Bei der Finanzierung der in zwei Phasen geplanten Sanierung und Umgestaltung des Hauses bis zum Jahr 2025 setzen der evangelische Dekan Bernd Weißenborn und seine Mitstreiter auf moderne Einnahmequellen.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Aus Widerstandskämpfern sind Vordenker geworden. Vor zwei Jahren haben Christel Köhle-Hetzinger, Ulrike Gräter und Günter Wagner zusammen mit vielen anderen evangelischen Christen in Esslingen den Widerstand gegen den vom Gesamtkirchengemeinderat geplanten Verkauf des evangelischen Gemeindezentrums am Blarerplatz an die Stadt Esslingen organisiert. Die Mehrheit des Kirchengremiums war damals der Meinung, dass der geplante Umzug der Stadtbücherei aus der Heugasse an den Blarerplatz eine gute Möglichkeit gewesen wäre, um das Haus, dessen Unterhalt und anstehende Sanierung den Etat der Kirche erheblich belasten wird, einer neuen, sinnvollen Nutzung zuzuführen.

 

Es ist anders gekommen. Die Stadtbücherei soll nun ja am bisherigen Standort saniert werden – womit die Frage nach der Zukunft des Gemeindehauses zunächst weiter ungelöst war. Die Widerständler von einst fühlten sich aber in der Pflicht, Ideen für den „Blarer“ zu suchen, wie sie ihn kurz und bündig nennen. Jetzt liegen die ersten Ergebnisse vor – und auch der Gesamtkirchengemeinderat hat seine grundsätzliche Zustimmung zu den Plänen signalisiert – das erklären übereinstimmend der Esslinger Stadtdekan Bernd Weißenborn und Siegfried Bessey, der Vorsitzende der Evangelischen Gesamtkirchengemeinde.

Projekt soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein

Im Klartext: der Verkauf des Blarers ist vom Tisch. Vielmehr soll das Haus in den kommenden sechs Jahre bis Ende 2025 zunächst saniert und mit erheblichen inhaltlichen und später auch baulichen Veränderungen zum zentralen Treffpunkt aller evangelischen Christen, aber auch der gesamten Esslinger Stadtgesellschaft weiterentwickelt werden. Bernd Weißenborn formuliert es so: „Das Gemeindehaus und die angrenzende Franziskanerkirche gehören zu den traditionsreichsten und imposantesten Gebäuden der Esslinger Gesamtkirchengemeinde. Deshalb sind wir uns sicher, dass wir dieses Haus für die Kirche erhalten können und sollen.“

Ziel ist es, dem Haus, dem bisher eine klare eigene inhaltliche Ausrichtung fehle und dessen Programm oft eher wie ein „bunter Flickenteppich“ wirke, ein eigenes Profil zu geben und es im Bewusstsein der Menschen als „Haus der Begegnung“ zu verankern. Damit die Neuausrichtung sich auch herumspricht, soll sich über kurz oder lang – darüber gehen die Meinungen in der Kirche noch auseinander – zusätzliches Personal um die Vermarktung des Blarers kümmern.

Einnahmen sollen deutlich gesteigert werden

Denn neben eigenen Veranstaltungsreihen muss auch die Zahl der Fremdvermietungen der verschiedenen Räume im Blarer und des Veranstaltungssaales drastisch gesteigert werden, um den von vielen Kirchenräten bemängelten kirchlichen Zuschuss reduzieren zu können: Momentan stehen jährlichen Einnahmen von 26 000 Euro Ausgaben von 90 000 Euro gegenüber. Das ehrgeizige Ziel des Kirchenpflegers Frank Kaltenborn ist es, bereits Ende 2021 rund 110 000 Euro Einnahmen durch Fremdvermietungen zu erzielen. Ohne zusätzliches Personal wird das nicht gelingen.

Allerdings sind auch einige Sanierungsmaßnahmen und Veränderungen unumgänglich. „Wir haben uns dabei für die Politik der kleinen Schritte entschieden“, sagt Frank Kaltenborn. In der ersten Phase bis Ende 2021 will die Kirche rund 500 000 Euro in die Hand nehmen, etwa um den Brandschutz zu verbessern, den Festsaal zu streichen, die Parkettböden aufzufrischen, die Küche und die EDV-Technik zu modernisieren und die Beleuchtung zu erneuern. Diese Maßnahmen sollen die Vermietbarkeit der Räume für Lesungen oder Konzerte erhöhen.

Finanzierung per Fundraising

Bei der Finanzierung der Sanierung setzt die Esslinger Gesamtkirchengemeinde erstmals auf ein Fundraising-Modell. Verbunden ist das mit der Hoffnung, dass nicht nur das Geld zusammenkommt, sondern die Esslinger so eine größere Bindung an das Haus verspüren. Gelingt die erste Phase, sollen in einer zweiten Phase dann der große Saal des Blarers und die Empore umgestaltet werden. Dazu wird die evangelische Kirche eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben, die dann Aufschluss über die zu erwartenden Kosten bringen soll.