Die Erhöhung kommt – allerdings erst im Jahr 2022. Das hat der Esslinger Gemeinderat nach heftigen Diskussionen bei der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2020/2021 beschlossen.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Die Grundsteuererhöhung in Esslingen soll kommen – allerdings nicht, wie zunächst von der Verwaltung vorgeschlagen, bereits von diesem Jahr an. Das ist die wichtigste Entscheidung, die der Esslinger Gemeinderat am Freitagabend auf einer Sondersitzung im Neckar Forum bei der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2020/2021 getroffen hat. Wegen der bis dato noch unabsehbaren Folgen der Corona-Epidemie wolle man den Bürgern aktuell nicht noch mehr Gebühren abverlangen, so der Tenor.

 

Vielmehr sollen die Esslinger erst von 2022 an, dann allerdings stärker als bisher geplant, zur Kasse gebeten werden. Denn der Hebesatz soll in zwei Jahren von 425 nicht auf 445, sondern gleich auf 458 Prozentpunkte steigen. Allerdings haben sich die Stadträte noch ein kleines Schlupfloch offen gelassen. Sollte die Esslinger Wirtschaft in zwei Jahren wieder brummen, könne man ja noch einmal über die Notwendigkeit einer solchen Steuererhöhung nachdenken, erklärte Annette Silberhorn-Hemminger, die Fraktionschefin der Freien Wähler.

CDU und FDP scheren aus

Mit Hinblick auf die zahlreichen Sicherheitsmaßnahmen – Eingangskontrollen, Abstandsregelungen für Stadträte und Besucher sowie persönliche Auskunftspflicht über den eigenen Gesundheitszustand – hatte Nicolas Fink seine Rede eigentlich mit dem Satz „Der Gemeinderat sitzt weit auseinander, aber wir rücken zusammen“, eröffnen wollen. Letztlich wählte der Fraktionsvorsitzende der SPD-Gemeinderatsfraktion dann aber als Motto ein Helmut-Schmidt-Zitat: „In der Krise beweist sich der Charakter.“

Was war passiert? Im Vorfeld hatten sich die Fraktionschefs in einer Ältestenratssitzung auf den nun mehrheitlich verabschiedeten Kompromiss zur Grundsteuer verständigt. Völlig überrascht wurden die Grünen, die SPD, die Freien Wähler und die Linken dann am Freitagmorgen von der Ankündigung von CDU und FDP, nun doch nicht bei der Grundsteuererhöhung mitmachen zu wollen.

„Unsolidarisch und waghalsig“

Wütend fielen die Reaktionen auf die Ankündigung aus: „Diese Vorgehensweise ist nicht nur unsolidarisch und politisch waghalsig, sondern in höchstem Maß verantwortungslos“, wetterte Nikolas Fink. „Ist ihnen klar, dass Sie mit Ihrer wankelmütigen Haltung nicht nur gegenseitiges Vertrauen verspielen, sondern gerade in Zeiten der Bedrängnis die finanzielle Schieflage, in die unsere Stadt geraten wird, weiter verschärfen und auch dem Ansehen des ganzen Gemeinderats Schaden zufügen?“, fragte die Grünen-Chefin Carmen Tittel. Jörn Lingnau (CDU) und Rena Farquhar (FDP hatten argumentiert, eine Erhöhung jetzt zu beschließen, sei „das vollkommen falsche Signal“.

Der Doppelhaushalt 2020/2021 wurde dann bei zwei Gegenstimmen verabschiedet. Gründe ihn abzulehnen, gab es allerdings auch kaum. Denn wegen der angespannten Finanzsituation wurden alle Investitionen und Zuschüsse gleich wieder mit einem Sperrvermerk belegt. Zudem muss die Stadtverwaltung bis zum Sommer einen Nachtragshaushalt erstellen, in den die finanziellen Folgen der Corona-Krise zumindest schon einmal ansatzweise eingearbeitet werden sollen. Auch ermächtigte das Gremium die Verwaltungsspitze, notfalls 40 Millionen Euro Kredite aufzunehmen. Das alles zeigt: Auch auf Esslingen kommen sehr harte Zeiten zu.