Gerne wird über die Attraktivität der Esslinger Innenstadt geschimpft. Doch ansässige Einzelhändler sehen die Situation unterschiedlich. Auch neue Geschäfte siedeln sich weiterhin an.
Geld zum Shoppen wäre da – doch die Menschen aus Esslingen gehen weniger in den Geschäften ihrer Stadt einkaufen, als es anderswo der Fall ist – beispielsweise in Kirchheim. Das zeigte kürzlich eine Analyse der Industrie- und Handelskammer (IHK). Doch woran liegt das? Viele beklagen, die Innenstadt habe an Attraktivität verloren. Aber Einzelhändlerinnen und -händler sowie Verantwortliche des Stadtmarketings zeichnen ein differenzierteres Bild.
„Generell bewerten wir die Lage im Einzelhandel positiver als im letzten Jahr“, sagt Carina Killer, Citymanagerin. Auch im Sommer habe es ein gutes Grundrauschen gegeben, was die Besucherfrequenz angehe, unter anderem auch durch Touristen.
Parkmöglichkeiten in Esslingen in der Kritik
Sascha Mädrich, der das Feinkostgeschäft Enkel Schulz am Roßmarkt betreibt, hat die vergangenen Wochen anders wahrgenommen. Das Geschäft laufe zäh. Wie andere Händler freut er sich auf das Ende der Sommerferien. „Was die Kaufkraftbindung angeht, steht Esslingen im regionalen Vergleich weit hinten“, sagt Mädrich mit Blick auf die IHK-Analyse. „Es liegt sicher mehr am Standort, als an den Menschen in Esslingen.“
Als wichtiges Thema nennt der Geschäftsinhaber die Parkmöglichkeiten, die von vielen Kundinnen und Kunden als schlecht bewertet würden. Die Gebühren seien hoch, es gebe immer weniger Angebot an Kurzzeitparkplätzen. Er sei froh, dass das Stadtticket wieder eingeführt sei. „Aber das alleine reicht nicht.“ Wie auch andere befragte Geschäftsinhaber wünscht er sich Absprachen der Stadt mit den Parkhausbetreibern für günstigere Tarife.
Esslinger Händler organisieren Events wie After Work Shopping
Damia Hadi hat ihr Geschäft HD Events in der Küferstraße im Mai eröffnet. Sie bietet Blumendekoration an. Auch sie empfindet die Sommerwochen als sehr ruhig. Als Kirchheimerin hat sie den Eindruck, dass dort die Kundenfrequenz in den Geschäften höher ist als in Esslingen. Dennoch fühle sie sich mit ihrem Betrieb wohl am Standort. „Die Küferstraße ist wie eine Familie“, sagt Hadi. Sie beteiligt sich an gemeinsamen Aktionen wie dem After Work Shopping an diesem Donnerstag, 4. September.
Darin sind sich die Händler einig: Einfach auf die Kunden warten, das reicht nicht mehr. Zum zweiten Mal öffnen am Donnerstag zahlreiche Geschäfte bis 20 Uhr und bieten Aktionen zu einem gemeinsamen Motto an, das sich an der zeitgleich eröffnenden Wein-Lounge orientiert. Laut Mädrich, der das ein Mal im Monat stattfindende After Work Shopping mit initiiert hat, wird das Event von Kunden positiv wahrgenommen.
Andrea Menze vom Bekleidungsgeschäft Paulette am Postmichelbrunnen sagt, sie habe zum After Work Shopping im August in zwei Stunden so viel Umsatz gemacht, wie sonst an einem Tag. Allerdings habe sie vorher bei ihren Bestandskundinnen geworben – ein Netzwerk, das sie beständig pflegt. „Ich bin sehr zufrieden mit den Entwicklungen der letzten Zeit“, sagt Menze. Kritik an der Innenstadt möchte die Modehändlerin nicht uneingeschränkt teilen. Schließlich könnten die Esslinger mit ihrem Einkauf selbst zu deren Entwicklung beitragen.
Händler: Kleine Geschäfte werden von Kritikern gerne übersehen
Eine ähnliche Haltung hat Andreas Walter vom Spiel- und Lederwarenhandel Heiges. Er höre und lese oft Kritik am Einzelhandelsangebot, das durch die Schließung von Karstadt und Kögel geringer sei – und es werde behauptet, der Besuch in Esslingen lohne sich nicht. „Das Traurige ist, dass dabei die 200 anderen Läden übersehen werden“, sagt Walter. Sein Betrieb will am Standort festhalten, Heiges hat am Postmichelbrunnen umgebaut und vergrößert. Positive Wirkungen für die Aufenthaltsqualität in der Stadt erwartet er von Infrastrukturprojekten wie dem Karstadt-Areal und den Sanierungen von Marktplatz und Ritterstraße.