Eine Mehrheit der Fraktionen im Esslinger Kreistag signalisiert dem neuen Landrat Marcel Musolf Unterstützung: Er hat eine Anhebung des Hebesatzes auf 33,4 Prozent vorgeschlagen. Beschlossen wird der Etat für 2025 Mitte Dezember.
Die Fraktionen im Esslinger Kreistag haben bei der Aussprache über den von der Verwaltung vorgelegten Haushaltsentwurf 2025 die Politik von Bund und Land scharf kritisiert, die den Landkreisen und Kommunen immer mehr Aufgaben aufbürden – mit der Folge, dass die staatlich vorgegebenen Sozialausgaben längst den Esslinger Kreisetat dominieren. Sie machen inzwischen weit mehr als ein Drittel aller Aufwendungen aus.
Auf 75,5 Millionen Euro belaufen sich die Mehrausgaben im kommenden Jahr, und Kämmerer Johannes Klöhn sieht aufgrund offener politischer Fragen, schleppender Kostenerstattungen und ungewisser Konjunkturdaten derzeit noch finanzielle Risiken in der Größenordnung von 25,5 Millionen Euro. Die Folgen der Krankenhausreform für die kreiseigenen Medius Kliniken sind darin noch gar nicht berücksichtigt.
Wichtige Einnahmequelle für den Kreis Esslingen
Viel Gestaltungsspielraum bleibt angesichts der Lage nicht. Diese Botschaft ist in den Kreistagsfraktionen angekommen – teure Wünsche haben sie diesmal nicht angemeldet. Stattdessen fordern sie in vielen Themenbereichen wie Bildung, Gesundheitsversorgung, bezahlbares Wohnen, öffentlicher Nahverkehr und Klimaschutz zunächst einmal Sachstandsberichte von der Verwaltung ein.
Auch das sonst übliche Gefeilsche um die Kreisumlage könnte heuer ausbleiben, denn eine Mehrheit des Gremiums ist gewillt, den Vorschlag des neuen Landrats mitzutragen: Marcel Musolf hat die Anhebung des Hebesatzes von derzeit 31,5 auf 33,4 Prozent vorgeschlagen. Dadurch würde der Kreis im nächsten Jahr von seinen 44 Städten und Gemeinden insgesamt 367 Millionen Euro zur Finanzierung seiner Aufgaben einkassieren, das sind 43 Millionen Euro mehr als in diesem Jahr.
Noch steht die Novembersteuerschätzung für den Kreis Esslingen aus
Die Freien Wähler, die bislang eine finanzielle Überforderung der Kommunen stets mit Korrekturen nach unten zu unterbinden versuchten, verzichten in diesem Jahr auf einen Änderungsantrag – und damit auf einen Streit mit dem aus ihren Reihen stammenden Landrat. Fraktionschef Bernhard Richter begründet den Schritt so: „Weil wir mit einer kleinen Absenkung keinen einzigen kommunalen Haushalt retten und mit einer großen Absenkung den Kreishaushalt in Schieflage bringen“. Auch CDU, Grüne, SPD und Linke signalisieren ihre Zustimmung. Einzig FDP und AfD wollen sich noch nicht auf diese Zahl festlegen und erst die Novembersteuerschätzung abwarten.
Das Haushaltsjahr 2025 will die Esslinger Kreisverwaltung mit einem nur geringen Fehlbetrag von 500 000 Euro, also mit einer „roten Null“ im Ergebnis, abschließen. Ob das gelingen wird, bleibt abzuwarten. Bis Mitte Dezember werden die Fraktionen über die Finanzplanung diskutieren – und sind nach den Worten ihrer Vorsitzenden fest gewillt, eigene Akzente zu setzen. Die guten Jahre seien vorerst zwar vorbei, „aber wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, unsere Infrastruktur ist überwiegend saniert, wir wirtschaften auf hohem Niveau und haben genug Polster, um auch die schwierigen Jahre zu überstehen“, unterstreicht Stephanie Reinhold (Grüne).
Michael Medla (SPD) sieht den Kreis für die künftigen Herausforderungen gut aufgestellt: „Von dieser starken Ausgangslage mutig und beherzt gemeinsam vorzugehen“. Sieghart Friz (CDU) mahnt jedoch: Angesichts der Rekordinvestitionen, die den Schuldenberg im kommenden Jahr auf 261 Millionen Euro anwachsen lassen, werde nun „dringend eine Investitionspause benötigt“ – und zwar weit über 2025 hinaus.
Über den Finanzkurs der nächsten Jahre wollen die Kreisverwaltung und die Fraktionen Anfang Februar in einer Klausurtagung diskutieren.