Der lautstarke Protest bleibt nicht ohne Folgen. Doch wer ist die nun Geehrte?

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Die scharfe öffentliche Kritik an der geplanten Umbenennung der Esslinger Südtangente in Maschinenfabrik-Esslingen-Straße hat Wirkung gezeigt. Hatten vor einer Woche mit Ausnahme der Grünen-Chefin Carmen Tittel noch alle Mitglieder des Verwaltungsausschusses des Esslinger Gemeinderats dafür gestimmt, den bisher nur provisorischen Namen Südtangente für die Hauptstraße im Stadtquartier Neue Weststadt durch den historisch wichtigen, aber äußerst sperrigen Namen Maschinenfabrik-Esslingen-Straße zu ersetzen, hat der Gemeinderat am Montag in seiner letzten Sitzung vor Weihnachten sich mit knapper Mehrheit für einen anderen Namen entschieden.

 

Erinnerung an die Frauenrechtlerin

In Zukunft wird der rund 300 Meter lange, direkt an den Bahnschienen verlaufende Straßenabschnitt zwischen dem Bahnhof und der Schlachthausstraße Eugenie-von-Soden-Straße heißen. Damit erinnert die Stadt an die 1858 in Esslingen geborene und 1930 in Baden-Baden gestorbene Schriftstellerin und Frauenrechtlerin Eugenie Henriette Caroline Anna Charlotte von Soden. Sie zählt zu den bedeutendsten Vertreterinnen der bürgerlichen Frauenrechtsbewegung im Südwesten Deutschlands und hatte sich als Mitglied im Vorstand des Württembergischen Vereins für Frauenwahlrecht vehement diesem Thema verschrieben.

Ursprünglich hatten die Grünen vorgeschlagen, die Südtangente in Bertha-Benz-Straße umzubenennen, um damit die Automobil-Pionierin zu würdigen. Dagegen hatte der Stadtarchivar Joachim Halbekann Stellung bezogen und argumentiert, Bertha Benz habe zumindest anfangs eine gewisse Nähe zu Größen des Nazi-Regimes gehabt. Die Grünen hatten deshalb ihren Vorschlag zurückgezogen.

Wichtig für die Industrialisierung

Halbekann hatte daraufhin verschiedene Alternativen, darunter auch den Namen Eugenie von Soden, ins Gespräch gebracht, sich aber wegen der historischen Bedeutung für die Industrialisierung der Stadt für die Umbenennung der Südtangente in Maschinenfabrik-Esslingen-Straße eingesetzt. In der Sitzung wandelte er seinen Vorschlag in „An der Maschinenfabrik Esslingen“ ab – allerdings ohne Erfolg. Denn auch die Maschinenfabrik hat eine Nazi-Vergangenheit. Während des Dritten Reichs hat das Unternehmen mehr als 2300 Zwangsarbeiter und mehr als 300 Kriegsgefangene eingesetzt.

Zudem hatten viele Bürger den Namen als zu sperrig empfunden. In einer Umfrage, die die Esslinger Redaktion der Stuttgarter Zeitung auf unserer Facebook-Seite „Esslingen aktuell“ gemacht hat, haben sich 85 Prozent der Teilnehmer gegen die Umbenennung in Maschinenfabrik-Esslingen-Straße ausgesprochen.