Die Württembergische Landesbühne meldet einen Besucherrekord in der Heimat und insgesamt mehr Besucher als das Stuttgarter Staatsschauspiel. Lediglich bei den Abstechern gab es ein kleines Minus. Und selbst dafür gibt es einen guten Grund.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Der Höhenflug der Württembergischen Landesbühne Esslingen (WLB) unter dem Intendanten Friedrich Schirmer und seinem Chefdramaturgen Marcus Grube hat auch in der vergangenen, der dritten Spielzeit des kongenialen künstlerischen Duos angehalten. Von September 2016 bis Ende Juli 2017 sahen 110 821 Zuschauer die Aufführungen der WLB. Damit pilgerten erstmals sogar etwas mehr Zuschauer zu den WLB-Vorstellungen als zu denen des Stuttgarter Staatsschauspiels. Dort hat der im kommenden Jahr scheidende Intendant Armin Petras weitere Zuschauer vergrault – und lediglich noch rund 110 000 Theaterfreunde angelockt.

 

Besonders erfreulich aus Sicht Schirmers ist die Bilanz in Esslingen selbst. 70 793 Zuschauern kamen zu den Vorstellungen im Schauspielhaus und auf der Freilichtbühne am Kessler-Platz. Das ist das beste Ergebnis seit mehr als 30 Jahren. Nur als das Esslinger Schauspielhaus 1982 eröffnet wurde und die Esslinger ihr neues Theater kennenlernen wollten, zählte die WLB in Esslingen rund 85 000 Besucher.

Verzicht auf Klassiker

Schon ein Jahr später waren es nur noch 70 752 verkaufte Karten. In der ewigen Rangliste für Esslingen schiebt sich die Spielzeit 2016/2017 damit auf Platz zwei. Friedrich Schirmer: „Unser Ansatz ist es, Geschichten aus der Vergangenheit in die Gegenwart des Theaters zu holen und das Publikum damit zu berühren. Das ist Marcus Grube und mir zusammen mit dem Ensemble offenbar ganz gut gelungen.“

Das Ergebnis überrascht Laien auf den ersten Blick umso mehr, als Schirmer und Grube in der vergangenen Spielzeit vollkommen auf Klassiker verzichtet hatten. „Klassiker allein sind heute aber keine Bank mehr“, beschreibt Schirmer die Entwicklung: „Einen Kanon an Klassikern, den man gesehen haben musste, gab es noch vor 30 Jahren. Heute existiert er nicht mehr. Jedes Stück muss ganz einfach sein Publikum finden.“ Besonders erfolgreich war dabei Robert Seethalers Theaterversion seines Romans „Der Trafikant“. Zu den 15 meist ausverkauften Vorstellungen in Esslingen kamen 6627 Besucher. Getoppt wurde diese Zahl nur noch von der Freilichtproduktion „Luther“. Die 21 Aufführungen sahen 8200 Zuschauer.

Sonderprojekt Kikerikiste

Nicht ganz so positiv fällt die Abstecherbilanz aus. Denn verglichen mit der Vorsaison zählte die WLB bei ihren Gastspielen 40 028 und damit rund 3000 Besucher weniger als 2015/2016. Für diese Entwicklung gibt es aber einen Grund: denn 2015/2016 strömten allein 4000 Zuschauer zu den 55 Vorstellungen des vom Lande finanzierten „Kikerikiste“-Projekts.

Besonders erfreulich aus Sicht der WLB-Verwaltungsdirektorin Vera Antes ist jedoch, dass für die gerade begonnene Spielzeit die Nachfrage nach großen Produktionen der Württembergischen Landesbühne enorm ist. Bereits jetzt steht fest, dass „Die Kirche bleibt im Dorf“ zwölf Mal und die Uraufführung von „Schtonk“ neun Mal in Gastspielorten gezeigt werden.

Und auch die Nachfrage nach der Theatersaal-Version von „Luther“ und dem „Trafikanten“ bleibt groß. Beide Stücke sind bisher acht Mal gebucht worden. Und weitere Abende können noch hinzu kommen. „Ich bin optimistisch, dass wir bei den Abstechern in diesem Jahr sehr gut abschneiden werden“, blickt Vera Antes optimistisch in die Zukunft.