Das Esslinger Tierheim vermittelt derzeit, ganz im Gegensatz zum Landestrend, mehr Tiere als gewöhnlich. Finanziell trifft die momentane Lage das Heim allerdings hart. Besonders die Absage großer Feste reißt ein Loch in die Kasse.

Esslingen - Die Reichsstadt tickt anders. Vor kurzem hat sich der Landestierschutzverband als Dachverband von 116 Tierschutzvereinen in Baden-Württemberg darüber beklagt, dass wegen der Coronakrise weniger Tiere vermittelt werden als sonst: „Durch die Coronakrise spitzt sich auch die Lage unserer Tierheime immer mehr zu. Keine Besucher, keine Tiervermittlungen, fehlende Einnahmen auf der einen Seite, die tagtägliche Aufrechterhaltung der Tierversorgung- und Pflege durch Mitarbeiter auf der anderen Seite, bringen immer mehr Tierheime an ihre Grenzen“, erklärt der Vorsitzende Stefan Hitzler.

 

Solche Probleme kennt das Esslinger Tierheim, das auf der Neckarinsel zwischen Sirnau, Zell und Oberesslingen beheimatet ist, überhaupt nicht: „Wir sind in einer seltenen und glücklichen Lage. Wir haben momentan wenig Tiere und vermitteln sehr gut“, erklärt die Esslinger Tierheim-Sprecherin Natascha Houlias. Derzeit seien rund 130 Tier in der Obhut des Tierheims. Für gewöhnlich seien es zu dieser Jahreszeit aber eher 160 bis 180 Tiere wie Hunde, Katzen, Kaninchen oder Reptilien, die in Esslingen versorgt würden. Über den Grund dafür, dass das Esslinger Heim dem vom Landestierschutzverband beklagten Rückgang der Vermittlungen entgangen ist, kann Houlias nur rätseln. Eine Erklärung dafür, dass es in Esslingen anders läuft als im Rest des Landes, hat auch Houlias nicht.

Verein setzt verstärkt aufs Internet

Allerdings setze der Verein seit der Coronakrise noch stärker als bisher auf das Internet und Videos, die auf der Homepage des Heims zu sehen sind. „Wir machen visuell gerade mehr“, so Houlias. Ob die gute Vermittlungsquote darauf zurückzuführen sei, das könne aber nicht mit Gewissheit gesagt werden. „Vielleicht ist es auch einfach nur Glück.“

Wer ein Tier aus dem Tierheim aufnehmen möchte, kann sich zunächst über die Homepage informieren, wo es auch einen Film darüber gibt, wie das Tierheim mit den Beschränkungen der Coronakrise umgeht. Zudem findet eine telefonische Beratung statt. Spontane Besuche im Tierheim sind derzeit nicht möglich. Für Besuche im Heim werden Einzeltermine vergeben, erklärt Houlias. Und: „Es darf nicht die ganze Familie auf einmal kommen.“

Auch Pensionsgäste machen sich rar

Während es bei den Vermittlungen im Esslinger Tierheim gut läuft, trifft die Coronakrise den Betreiberverein finanziell nach eigenen Angaben hart. So machen dem Esslinger Tierheim vor allem die Absagen großer Feste zu schaffen. Das Frühlingsfest im Mai ist längst abgesagt. Und ob der „Tag der Begegnung“ im September stattfinden kann, dahinter machen die Tierheimbetreiber derzeit noch ein großes Fragezeichen. Doch diese beiden großen Feste spülten jeweils 8000 bis 9000 Euro in die Vereinskasse. „Die Einnahmen brechen weg“, klagt Houlias. Hinzu kommen Feste anderer Organisatoren, an denen der Tierschutzverein ansonsten teilnimmt, die nun aber ebenfalls nicht stattfinden können. Insgesamt rechnet das Tierheim mit einem Minus von bis zu 30 000 Euro.

Es sind aber nicht allein die entgangenen Ausnahmen aus Veranstaltungen, die wegen den derzeitigen Beschränkungen des öffentlichen Lebens wegbrechen. Neben den entgangenen Erlösen der Feste fehlen auch noch viele zahlende Pensionsgäste. Wenn Tierbesitzer ihr Haustier nicht mit in den Urlaub nehmen können, bietet das Tierheim an, die Tiere gegen Entgelt zu betreuen. Weil aber wegen der Coronakrise keine Reisen ins Ausland mehr möglich sind, kommen auch so gut wie keine Pensionsgäste mehr. Bereits über die Osterferien seien dem Heim so rund 2000 Euro entgangen, so Houlias. Und wenn die Pensionstiere über die Sommerferien ebenfalls nicht kämen, entgingen dem Heim weitere Einnahmen.