Den veränderten Machtverhältnissen im Esslinger Gemeinderat wird aller Voraussicht nach die CDU-Kandidatin für das Amt, die Gundelsheimer Bürgermeisterin Heike Schokatz, zum Opfer fallen. Auch Sachthemen werden wohl neu diskutiert.

Entscheider/Institutionen : Kai Holoch (hol)

Esslingen - Damit haben wir nun wirklich nicht gerechnet“, sagt Carmen Tittel. Dass sie in den kommenden fünf Jahren die Chefin der stärksten Fraktion im Esslinger Gemeinderat sein wird, hat die Grünen-Politiker zusammen mit ihren Parteifreunden am Montagabend im Café Lux gefeiert. Schon da war klar, dass das überraschende Esslinger Wahlergebnis erhebliche Konsequenzen bis ins Rathaus hinein haben würde.

 

„Wir sind nun die stärkste Fraktion. Deshalb beanspruchen wir natürlich auch einen der drei Bürgermeisterposten für uns“, hatte Carmen Tittel schon unmittelbar nach dem Ende der Stimmenauszählung erklärt. Dass die Grünen eigentlich am liebsten den Nachfolger von Wilfried Wallbrecht (Freie Wähler) benannt hätten, daraus machen sie keinen Hehl. Aber die politischen Machtverhältnisse nach der Kommunalwahl stehen diesem Wunsch im Weg.

CDU rutscht auf den vierten Platz ab

Denn die Freien Wähler haben ihren dritten Platz im Gemeinderat behauptet, können also auch nach Wallbrechts absehbarem Rückzug den Posten des Baubürgermeisters erneut für sich reklamieren. Anders sieht das bei der CDU aus, die nun vom zweiten auf den vierten Platz abgerutscht ist und bisher traditionell den Kulturbürgermeister bestimmt hat. Dieser ist auch für die Bereiche Soziales, Ordnung und Sport zuständig.

Der amtierende CDU-Kulturbürgermeister Markus Raab wird Esslingen im Herbst verlassen. Weil demnächst ein Nachfolger gewählt werden soll, überschnitten sich das Bewerbungsverfahren und die Vorbereitungen für die Kommunalwahl. Weil die Esslinger CDU ahnte, dass es für die Partei eng werden könnte, hatte die Partei ihrer Kandidatin, der Gundelsheimer Bürgermeisterin Heike Schokatz, Vertraulichkeit bis nach dem Wahlsonntag zugesichert. Doch durch eine gezielte Indiskretion ist die Personalie kurz vor der Wahl öffentlich geworden.

„Vorschlagsrecht für die Grünen“

Heike Schokatz wird nun aller Wahrscheinlichkeit nach nie nach Esslingen wechseln. Denn die Grünen werden ihre Ansprüche auf die Kulturbürgermeisterstelle geltend machen. Im Esslinger Rathaus wird deshalb bereits geprüft, ob und wie das laufende Bewerbungsverfahren zu diesem Zeitpunkt noch gestoppt oder geändert werden kann. Die Aussage des Esslinger Oberbürgermeisters Jürgen Zieger ist dabei eindeutig: „Das Vorschlagsrecht für die Nachfolge von Bürgermeister Markus Raab fällt bei diesem Wahlergebnis selbstverständlich an die Fraktion der Grünen“, erklärte er in einer am Dienstag verbreiteten Pressemitteilung.

„Einen Kandidaten oder eine Kandidatin haben wir natürlich noch nicht“, sagt Carmen Tittel. Die Grünen seien aber überzeugt, eine für das anspruchsvolle Amt geeignete Person zu finden.

Hummel, Jaffke, Kemmler und Krömer-Schmeisser scheiden aus

Während die Veränderungen auf dem Kulturbürgermeisterposten also noch Zukunftsmusik sind, hat das Stühlerücken im Gemeinderat schon begonnen. Dabei werden im neuen Esslinger Ratsgremium etliche bekannte Gesichter fehlen. Nicht den Sprung ins Stadtparlament geschafft haben unter anderem der bildungspolitische Sprecher der SPD, Klaus Hummel, und die Leiterin der Zollberg-Realschule, Brigitte Krömer-Schmeisser (SPD). Bei der CDU werden etwa Edward-Errol Jaffke und Margot Kemmler fehlen.

Allerdings gibt es auch einige stadtbekannte Neuzugänge: der SPD-Landtagsabgeordnete Nicolas Fink zählt ebenso dazu wie der Komma-Chef Jörg Freitag und Alexander Kögel, der Chef des gleichnamigen Modehauses.

Spannend dürfte es auch bei einigen Sachthemen werden. So könnte etwa die Diskussion über den geeigneten Standort für die neue Realschule in der Pliensauvorstadt noch einmal aufflammen. Im neuen Gemeinderat könnte es nun eine Mehrheit für einen Neubau auf dem ehemaligen VfL-Post-Areal geben.