Das Esslinger Wasserball-Talent Valentin Finkes ist Kapitän der U-19-Nationalmannschaft. Und ein Typ der ruhigeren Art – wie der Fußballer Philipp Lahm. Damit hat er beste Chancen zur EM nach Georgien mitzufahren.

Stuttgart - Es sind Sommerferien – 27 Grad. Im Untertürkheimer Inselbad herrscht ein reges Treiben. Doch ein junger Mann in Badehose hat so gar keinen Blick für den Wasserspaß. Mit gesenktem Blick und scheinbar voll fokussiert läuft Valentin Finkes an allen Badegästen vorbei zum hinteren Sportbecken. Dort findet an diesem Wochenende der 6-Nationen-Stuttgart- Cup der U 19 Junioren im Wasserball statt. Der 19-Jährige führt das deutsche Team dabei nicht nur als Mannschaftskapitän an, als Spieler des SSV Esslingen ist er auch so etwas, wie der Lokalmatador im Inselbad. Eine Ehre für das schwäbische Wasserballtalent: „Das ist etwas ganz besonderes, das Team als Kapitän anzuführen und dann auch noch in meinem Heimatfreibad.“

 

Das Auftaktspiel gegen die Slowakei ist gerade zu Ende gegangen – mit einem 8:6-Sieg. Finkes hat ein Tor erzielt, hatte aber zwei weitere auf der Hand, wie sein Bundestrainer André Laube bemängelt. Beide sind jedoch froh, dass der Linkshänder überhaupt einsatzfähig war. Denn im Trainingsspiel gegen Holland hatte er sich erst wenige Tage zuvor noch eine schmerzhafte Ellenbogenverletzung zugezogen. Doch als Kapitän muss man manchmal auf die Zähne beißen, allerdings darf er auch kein Risiko eingehen. Denn Ende August steht der Höhepunkt der Saison an, die U-19-Europameisterschaft in Georgien.

Erstklassig besetztes Vorbereitungsturnier

Das ist das Ziel: „Eine EM zu spielen, ist etwas ganz besonderes. Es gibt nichts größeres als die Europameisterschaft.“ Es wäre seine zweite, denn bereits vor zwei Jahren durfte er in Frankreich antreten. Dagegen stellt Stuttgart lediglich ein Vorbereitungsturnier dar. Ein Vorbereitungsturnier, das allerdings erstklassig besetzt ist, wie der Bundestrainer erklärt. „Das Turnier ist wahnsinnig hoch einzuschätzen. Hier spielt die absolute Weltspitze und wir sind froh, uns mit der messen zu dürfen.“

Bis zum Auftakt der EM am 24. August müssen noch drei Spieler den aktuell 16-köpfigen Kader verlassen. Zwei werden direkt nach dem Stuttgart-Cup nach Hause reisen. Finkes hat allerdings beste Chancen, nach Georgien mitzufahren. Nicht nur weil er Kapitän ist, als Linkshänder gehört er zu einer ganz seltenen Spezies im Wasserball. Nur eine Verletzung könnte seinen Traum noch gefährden, das weiß auch der Bundestrainer. „Jogi Löw hat schließlich auch nicht in Frage gestellt, dass Philipp Lahm mitfährt“, sagt Laube und lacht.

Kapitän leitet das Aufwärmtraining

Der Vergleich mit dem Fußballnationalspieler ist dabei gar nicht so verkehrt. Denn ähnlich wie Lahm ist auch Finkes kein Lautsprecher. Im Wasser geben die Mitspieler den Ton an, Finkes hat andere Aufgaben: „Als Kapitän leite ich das Aufwärmen und schaue, dass sich alle auf das Spiel konzentrieren und nichts anderes im Kopf haben“, sagt der 19-Jährige, dabei legt er die breiten Arme auf den Tisch und wirkt völlig ruhig. So ruhig, dass es beinahe überrascht, wenn der Bundestrainer sagt: „Gegenüber der Mannschaft fährt Valentin auch gerne einmal die emotionale Schiene.“ Doch die ausgeglichene Art des Abiturienten scheint gut anzukommen, das beweist zumindest seine einstimmige Wahl zum Mannschaftskapitän. Und Valentin Finkes hat womöglich noch einen weiteren Vorteil. Als einziger Spieler im Team kommt er nicht aus einem der Wasserball-Ballungsräume, wie Berlin, Hannover oder dem Ruhrgebiet.

Auf diese Weise lassen sich Grabenkämpfe in der Mannschaft vermeiden. Doch Finkes sagt: „Im Team gibt es keine Gruppen, wir treten hier als deutsche Nationalmannschaft an.“ Für den Bundestrainer ist sein Kapitän der erste Ansprechpartner im Team. „Valentin ist die Stimme der Mannschaft, vor allem bewahrt er in kritischen Situationen stets die Ruhe“, sagt André Laube. Kritische Situationen werden bei der EM nach genug auf Finkes und sein Team zukommen. Sie wird zur Bewährungsprobe für die junge Mannschaft und ihren Kapitän. Der wird zeigen müssen, ob er auch dann die Nerven behält, wenn nicht nur die Gäste im Inselbad, sondern auch die Welt des Wasserballs auf ihn blickt.