Bei ABAS können Betroffene sich über ihre Erkrankung informieren – persönlich, via E-Mail oder am Telefon. Zudem bietet die Beratungsstelle Selbsthilfegruppen an, für Patienten wie für Angehörige. „Wenn sie sehen, dass sie mit ihrer Erkrankung nicht alleine sind, ist das für viele schon eine große Erleichterung“, sagt Marianne Sieler. „Da die Krankheit so schambelastet ist, ist die Hürde, sich Hilfe zu holen, für Betroffene recht hoch.“

 

Das beobachtet auch Uta Jäger von der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum Stuttgart. „Viele Betroffene suchen erst nach Jahren Hilfe, wenn sie schon mit den Folgen der Krankheit zu kämpfen haben“, erklärt die Assistenzärztin. Andere wissen nicht einmal um ihre Erkrankung. Sie kommen in das Adipositas-Zentrum des Krankenhauses in Bad Cannstatt, um sich operieren zu lassen. „Bei der psychosomatischen Beurteilung, die vor jeder OP stattfindet, erkennen wir immer wieder Menschen mit der Störung“, sagt Jäger.

Viele Betroffene haben ein chaotisches Essverhalten

Sechs bis acht Wochen bleiben Patienten im Schnitt in der Klinik. Sie nehmen an Einzel- und Gruppentherapien teil, sie machen Sport und erhalten eine auf sie abgestimmte Ernährungsberatung. Die Mahlzeiten werden anfangs durch eine Pflegekraft begleitet. „Die Patienten sollen lernen einzuschätzen, wie groß eine normale Portion ist“, sagt Uta Jäger. Und für noch etwas sind regelmäßige Essenszeiten gut: „Viele Betroffene haben ein geradezu chaotisches Essverhalten“, sagt die Ärztin. „Sie lassen etwa das Frühstück ausfallen, um Kalorien zu sparen – essen den Rest des Tages aber ständig Süßigkeiten.“

In therapeuthischen Angeboten wollen die Ärzte herausfinden, was die Auslöser für die Essattacken sind – und ihnen zeigen, wie sie mit schwierigen Situationen anders umgehen können. Zudem sollen sie lernen, sich ausgewogen zu ernähren und ihre Essattacken zu reduzieren. „Wir nennen das: den Notfallkoffer für Zuhause.“ Um Rückfälle zu verhindern, empfiehlt Jäger Betroffenen, nach dem Klinik-Aufenthalt eine ambulante Psychotherapie oder eine Selbsthilfegruppe zu besuchen. Das kann stabilisieren. „Der Weg zu einem Leben ohne Essattacken ist langwierig und anstrengend – doch wer ihn beschreitet, hat gute Heilungschancen.“