2012 hat die Bundesregierung 22,5 Milliarden Euro an neuen Schulden aufgenommen und die Vorgaben der Verfassung vier Jahre früher eingehalten. Das ist aber noch kein Grund zur Euphorie.

Berlin - In der Haushaltspolitik hat die Bundesregierung ein wichtiges Etappenziel erreicht. Im vergangenen Jahr hat der Bund erstmals die Ziele der in der Verfassung verankerten Schuldenbremse erreicht. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) sieht das als Erfolg, denn die Schuldenbremse lässt dem Bund bis 2016 Zeit. Spätestens dann muss die sogenannte strukturelle Neuverschuldung, bei der konjunkturelle Einflüsse ausgeblendet werden, die Grenze von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) unterschreiten. Nach Angaben des Bundesfinanzministeriums erreichte der Bund im vergangenen Jahr ein strukturelles Defizit von 0,32 Prozent des BIP. Damit trage der Kurs aus wachstumsfreundlicher Politik und Konsolidierung Früchte, erklärte Schäuble. Die Schuldenbremse ist erstmals für das Haushaltsjahr 2011 angewendet worden.

 

Der Blick auf die Haushaltszahlen zeigt zwar, dass der Bund immer noch Jahr für Jahr zusätzliche Schulden aufnehmen muss, um seine Verpflichtungen zu erfüllen. Im vergangenen Jahr ging die Neuverschuldung auf 22,5 Milliarden Euro zurück. Ursprünglich hatte die schwarz-gelbe Koalition für 2012 noch mit 35 Milliarden Euro neuen Schulden gerechnet. Da die Konjunktur in Deutschland aber nicht eingebrochen ist und sich der deutsche Staat zu äußerst günstigen Zinsen verschulden kann, fallen die Zahlen besser aus als erwartet: Beim Vergleich der Haushaltsdaten mit dem Vorjahr ist ein besonderer Umstand zu berücksichtigen: Das Defizit fiel in absoluten Zahlen 2012 auch deshalb höher aus als 2011, weil der Bund insgesamt zehn Milliarden Euro als Bareinlage für den Rettungsfonds ESM und als Kapitalerhöhung für die Europäische Investitionsbank (EIB) zur Verfügung stellte. Diese Finanzspritzen erhöhen zwar das Defizit, es handelt sich dabei aber um Einlagen des Staates. Ohne diese Sondereffekte sähe der Etatabschluss 2012 besser aus.

Investoren wollen sichere Anlagen

Der Bund profitierte auch noch von einer anderen Entwicklung, die sich in der Ausgabenentwicklung widerspiegelt: Die Ausgaben sanken im vergangenen Jahr um knapp fünf Milliarden auf 307 Milliarden Euro. Möglich wurde dies, weil der Finanzminister im vergangenen Jahr rund fünf Milliarden Euro weniger an Zinsen ausgeben musste als vorgesehen. Investoren kauften deutsche Staatsanleihen in der Vergangenheit auch dann, wenn sie draufzahlen mussten. Sie waren dazu bereit, weil sie sichere Anlagen erwerben wollen. Dieser Trend setzt sich nicht auf Dauer fort.

Zeichen für die bessere Haushaltslage ist auch, dass Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen 2012 erstmals seit fünf Jahren wieder einen kleinen Überschuss von 0,1 Prozent des BIP auswiesen. Zuletzt erwirtschafteten alle staatlichen Ebenen 2007 ein Plus von 0,2 Prozent. Damit verfügt Deutschland über einen großen Sicherheitsabstand zur Drei-Prozent-Defizitquote nach dem Maastricht-Vertrag. Wie schnell sich die Lage verbessert hat, zeigt ein Vergleich mit 2010: Damals betrug die Defizitquote noch 4,3 Prozent. Wegen der schwächeren Konjunktur bleibt das Finanzministerium allerdings vorsichtig. Schäuble hält angesichts der Unsicherheiten eine wachstumsfreundliche Politik für notwendig. Steuererhöhungen, wie sie die Opposition vorschlägt, seien schädlich, meinte Schäuble. Die Bundesregierung erwartet in diesem Jahr jedenfalls eine schwierigere Wirtschaftslage.

Haushalt ist kein Selbstläufer

Das Finanzressort verzeichnet seit Dezember 2012 einen Rückgang bei den Steuereinnahmen. Dies sei auf die schwächere Konjunktur zurückzuführen, hieß es. Die deutsche Wirtschaft ist im vergangenen Jahr nur noch um 0,7 Prozent gewachsen, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden bekanntgab. Damit ist Deutschland weit von dem dreiprozentigen Wachstum im Jahr 2011 entfernt. Die Inflation betrug im vergangenen Jahr zwei Prozent. Für dieses Jahr erwartet die Bundesregierung ein Wachstum von 0,4 Prozent.

Der angestrebte Haushaltsausgleich ist damit kein Selbstläufer. Der Finanzminister will 2014 einen Bundesetat mit struktureller Nullverschuldung vorlegen. Dazu müssten im Haushalt 2014 zusätzlich sechs Milliarden Euro eingespart werden. Für neue Ausgaben gebe es keinen Spielraum.