Die Lücken in der Unterrichtsversorgung an Grundschulen und der Mangel an Sonderpädagogen beherrschen die Debatte zum Kultusetat im Stuttgarter Landtag.

Stuttgart - Das Großthema Schule hat die Haushaltsdebatte des Landtags am Donnerstag dominiert. Mit einem Anteil von 23 Prozent ist der Etat von Kultusministerin Theresa Schopper (Grüne) der größte Einzelhaushalt im Staatshaushaltsplan Baden-Württembergs. Weil die Lehrer Landesbeamte sind, verfügt das Kultusministerium auch über die meisten Stellen. Der Etat des Ministeriums für Kultus, Jugend und Sport umfasst rund 13,3 Milliarden Euro, wie der CDU-Abgeordnete Alexander Becker stolz hervorhob.

 

Schopper: Muss mich nicht in den Schlaf weinen

Ministerin Schopper ist mit den Verhandlungen über ihren Haushalt zufrieden, auch wenn sie sich nicht damit durchsetzen konnte, Vertretungslehrer und Referendare über die Sommerferien hinweg zu bezahlen. „Der Haushalt kann sich sehen lassen, ich muss mich nicht in den Schlaf weinen“, sagte Schopper in der Plenarsitzung. Innerhalb von zehn Jahren hätten sich die Bildungsausgaben um 50 Prozent erhöht. Baden-Württemberg gebe pro Kopf in der Bevölkerung mehr Geld für Bildung aus als jedes andere Bundesland.

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Dennoch macht den Schulen und der Kultusministerin die Unterrichtsversorgung Kopfzerbrechen. „Selten war die Unterrichtsversorgung so dramatisch“, konstatierte Stefan Fulst-Blei, der Bildungsexperte der SPD. Er hielt der grün-schwarzen Koalition vor, „Ihre Politik verschärft die Krise“. Besonders knapp ist die Personaldecke an Grundschulen und in den Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren SBBZ. Das ist nicht neu und brachte Fulst-Blei zu dem Vorwurf: „Das Land verharrt in bildungspolitischer Stagnation“.

FDP: Seit zehn Jahren Probleme mit der Lehrerversorgung

Auch Timm Kern (FDP) kritisierte die Landesregierung: „Seit zehn Jahren schaffen Sie es nicht zu einer auskömmlichen Lehrerversorgung zu kommen.“ Kern hat gleich mehrere Ideen, wie das gehen könnte: die Zahl der Studienplätze für das Lehramt an Grundschulen und für Sonderpädagogen erhöhen, Referendare psychologisch unterstützen und ein Personalentwicklungskonzept aufstellen. Mit Stefan Fulst-Blei ist Kern einig, dass die Vertretungsreserve an den Schulen zu gering ist.

Besonders empört sich die FDP wie auch Rainer Balzer von der AfD darüber, dass im Kultusministerium das Referat für Realschulen mit anderen Referaten zusammengelegt wurde. Sie vermuten dahinter eine Veränderung der Schulstruktur zu Lasten der Realschule. Das verneinen Grüne und CDU unisono. „Wir bekennen uns ohne Wenn und Aber zum gegliederten Schulsystem“, versicherte der CDU-Abgeordnete Alexander Becker der Opposition. „Das ist eine Organisationsveränderung im Kultusministerium, nicht mehr und nicht weniger“.

Kultusministerin bietet Räuberleiter an

Kultusministerin Theresa Schopper bot der FDP sogar persönlich Hilfestellung beim Umdenken an. Sie vermutet die Liberalen seien wegen der Umstrukturierung derart anhaltend auf der Palme, dass sie sich dort bereits ein Baumhaus eingerichtet hätten. „Ich biete Ihnen eine Räuberleiter an, damit Sie wieder von der Palme kommen“, konterte Schopper die Vorwürfe von Timm Kern.

Schopper räumte ein, „bei der Unterrichtsversorgung in den SBBZ und der Grundschule haben wir absolute Probleme und sind auf Kante genäht“. Das Ministerium versuche durchaus, Gymnasiallehrer für den Unterricht an Grundschulen zu gewinnen, antwortete sie auf eine Anregung von Stefan Fulst-Blei. Aber das Interesse sei gering.

Neue Ausbildungsstelle für Sonderpädagogen geplant

Hoffnungen setzt die Ministerin auf eine neue Ausbildungsstelle für Sonderpädagogen. Die ist der Kultusministerin zufolge in Freiburg geplant und könnte für Entlastung sorgen. Thomas Poreski (Grüne) erwartet eine Verbesserung in der Unterrichtsversorgung durch „vernetzte Ansätze“ und will unterschiedliche Berufsgruppen an die Schulen bringen um die Unterrichtsversorgung zu verbessern.

Langfristig sind jedoch Entlastungen eher nicht in Sicht. Schopper rechnet in den kommenden zehn Jahren mit einem Zuwachs von 1,2 Millionen Schülern. Das bedeute Freude über Geburten und Zuwanderung – auch aus anderen Bundesländern, aber auch massive Herausforderungen. Sie lobte ausdrücklich die Impfbereitschaft der Lehrkräfte. „Wir gehen davon aus, dass 95 Prozent der Lehrkräfte geimpft sind.“