Fast 415 Millionen Euro will der Verband Region Stuttgart im kommenden Jahr einnehmen und ausgeben. Nun haben die Etatberatungen begonnen – und neben der Wirtschaftsförderung stand die VVS-Tariferhöhung im Mittelpunkt.

Stuttgart - Mit den Grundsatzreden der Fraktionen haben am Mittwoch die Haushaltsberatungen in der Regionalversammlung begonnen. Grundlage ist der von Regionaldirektorin Nicola Schelling vorgelegte Etatentwurf 2021 mit Einnahmen und Ausgaben in Höhe von 414,6 Millionen Euro. Das sind fast 28 Millionen Euro weniger als in diesem Jahr. Schwerpunkt ist mit 382,4 Millionen Euro der Verkehrsbereich mit der S-Bahn. Die Fraktionen würdigten, dass die Umlagen, die Städte und Gemeinden bezahlen müssen, sinken sollen. Sie stellten aber zugleich 89 Anträge, einige davon mit hohen Investitionen – etwa die von CDU und FDP beantragte Förderung der Wasserstofftechnologie mit 20 Millionen Euro in den nächsten vier Jahren. Über die Anträge wird im November in den Ausschüssen beraten, der Haushalt 2021 soll am 9. Dezember beschlossen werden.

 

Rainer Ganske, CDU/ÖDP:

Die Region müsse vor dem Hintergrund der Corona-Krise noch größere Anstrengungen in der Wirtschaftsförderung unternehmen. Dazu gehörten die Bereiche Logistik und Güterverkehr auf der Schiene, aber auch der Glasfaserausbau, bei dem manche Ziele schneller erreicht werden müssten. Die Autoindustrie stehe vor einem grundsätzlichen Wandel. „Wir befürchten aber, dass die derzeit einseitig auf die E-Mobilität ausgerichtete Diskussion uns vieler Chancen beraubt“ – etwa bei synthetischen Kraftstoffen und der Wasserstofftechnologie. Beim Thema S-Bahn wolle man das subjektive Sicherheitsgefühl der Fahrgäste und die Sauberkeit thematisieren.

Philipp Buchholz, Grüne:

Die Corona-Krise sollte genutzt werden als Beschleuniger einer Entwicklung hin zu einem nachhaltigen Wirtschaften. „Wer jetzt noch Kompromisse mit dem Klima eingehen will, versündigt sich an der Zukunft.“ Gefordert wird eine Klimaschutzmanagerin in der Verbandsgeschäftsstelle. Im Verkehrssektor müsse der Einsatz von grünem Wasserstoff in den regionalen Expressbussen erprobt werden. Er kritisierte die geplante VVS-Tariferhöhung um 2,66 Prozent. „Es ist fraglich, ob das mehr Menschen in die Busse und Bahnen lockt.“ Falls die Kreise von sich aus nicht mehr Geld in den Nahverkehr stecken wollten, brauche man eine Nahverkehrsabgabe.

Andreas Hesky, Freie Wähler:

Die Region sollte die Kommunen unterstützen, die mehr Flächen für Wohnraum und Gewerbe ausweisen. Die Schlüsseltechnologie der Region, nämlich der Motorenbau, müsse eine Zukunft haben, etwa mit synthetischen und erneuerbaren Kraftstoffen, „um vom fossilen zum nachhaltigen Verbrenner zu kommen“. Angesichts der hohen Investitionen in den ÖPNV mahnte er zur „äußersten Vorsicht“ bei neuen Verpflichtungen, auch um eine VVS-Tarifsteigerung komme man nicht herum. Wichtig sei, das ÖPNV-Angebot zu verbessern.

Harald Raß, SPD:

Diejenigen, die in der Corona-Krise und durch die Transformation der Wirtschaft unter ökonomischen Druck gerieten, müssten in den Mittelpunkt der Regionalpolitik rücken. Deshalb bleibe die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum in einer Zeit der Kurzarbeit und des Arbeitsplatzabbaus eine Herausforderung. Raß lehnte die geplante Tariferhöhung im VVS ab: „Diese Tarifpolitik zulasten der Fahrgäste machen wir nicht mit.“ Er kritisierte, dass beim Ausbau der Windenergie „komplette Flaute“ herrsche.

Rena Farquhar, FDP:

Die Sicherung und der Ausbau der Region als industrieller Standort müssten die Kernthemen sein. „Wir wollen Wachstum“, sagte sie und kritisierte die Grünen, die negative Wachstumsraten anstrebten. Die Region müsse in die Themen Fotovoltaik, Digitalisierung und Verkehr investieren und auch die Möglichkeit eröffnen, „Sitzungen im Online-Format“ durchzuführen.

Klaus Mauch, AfD:

Er kritisierte den „blinden Klima-Glauben“, den „Virus-Kult“ und die wachsenden Schulden der öffentlichen Kassen. Man wolle einen Flächenverbrauchsnachweis für Wohnbau, in dem auch dargelegt werde, wie viel Fläche für Fachkräfte und für Zuwanderer benötigt werde. Die Erstellung der Windkraftanlagen werde man kritisch begleiten, ihr Nutzen müsse überprüft werden.

Christoph Ozasek, Linke/Pirat:

Angesichts der Klimakrise erneuerte er die Forderung nach einer wirksamen Klima- und Bodenschutzagenda. Flächenrecycling sei das Gebot der Stunde. Wer neue Mobilität unterstützen wolle, dürfe nun die VVS-Tarife nicht erhöhen. „Wer jetzt den Nutzern das Abo madig macht, schädigt die Finanzierungsbasis und fördert den klimaschädlichen Autoverkehr.“