Nach Emmanuel Macrons Vision für die Zukunft der EU will Ratspräsident Donald Tusk Vorschläge erarbeiten. Großbritannien bleibt außen vor - und hat eine schwächere Wirtschaft als gedacht.

Tallinn - Die Europäische Union will rasch die Weichen für eine intensivere Zusammenarbeit stellen. Ratspräsident Donald Tusk kündigte am Freitag an, in zwei Wochen einen Fahrplan für die Rest-EU ohne Großbritannien vorzulegen. Die Brexit-Verhandlungen kämen aber kaum voran, hieß es beim EU-Gipfel in Tallinn.

 

Tusks Ankündigung folgt auf Emmanuel Macrons Rede, mit der der französische Präsident seine Vision für die Zukunft der EU dargelegt hatte. Macron hatte eine gemeinsame Streitmacht, ein Gemeinschaftsbudget der Eurozone und Harmonisierungen bei Steuern vorgeschlagen.

Tusk wird Kreisen zufolge den Auftrag haben, Macrons Vorschläge mit den Vorstellungen jener Mitgliedsländer in Einklang zu bringen, die nicht so schnell zusammenrücken wollen. Der EU-Ratspräsident sagte, er strebe „echte Lösungen für echte Probleme“ an und betonte, dass es notwendig sei, Schritt für Schritt voranzuschreiten und Themen einzeln anzugehen.

Verhandlungen werden wohl noch nicht beginnen

Verhandlungen über die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien dürften dagegen in den kommenden Wochen noch nicht beginnen, sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. Die Europäische Union hat ausreichenden Fortschritt bei den Gesprächen über den Austritt Großbritanniens zur Voraussetzung für Verhandlungen über die künftigen Handelsbeziehungen gemacht.

„Bis Ende Oktober werden wir keinen ausreichenden Fortschritt haben“, sagte Juncker. „Am Ende dieser Woche sage ich, dass es von jetzt bis Oktober nicht ausreichenden Fortschritt geben wird, falls nicht ein Wunder geschieht.“ Am Donnerstag war die jüngste Verhandlungsrunde in Brüssel zu Ende gegangen, bei der es zumindest in einigen Punkte eine Annäherung gegeben hatte.

Britische Wirtschaft wächst langsamer

Der irische Premierminister Leo Varadkar sagte, Atmosphäre und Stimmung hätten sich bei den Brexit-Verhandlungen verbessert. Er stimmte aber zu, dass noch kein genügender Fortschritt erreicht worden sei, um über die künftigen Beziehungen zu sprechen.

Die britische Premierministerin Theresa May sagte, sie sei erfreut über die neue Dynamik und den Fortschritt bei den Verhandlungen in dieser Woche. Sie freue sich darauf, mit der EU eine tiefe und besondere Partnerschaft zu entwickeln.

Seit die Briten im vergangenen Jahr in einem Referendum für den Austritt aus der EU stimmten, ist die Wirtschaft des Landes langsamer gewachsen als bislang gedacht. Dem britischen Statistikamt zufolge war die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal 1,5 Prozent höher als ein Jahr zuvor. Die Statistiker revidierten ihre bisherige Schätzung von 1,7 Prozent nach unten.