Das Europaparlament diskutiert über die Reform des Stabilitätspaktes. Doch die Positionen der Parteien liegen weit auseinander.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Europa kämpft gegen mehrere Krisen. Nicht nur der Überfall Russlands auf die Ukraine bedroht den Frieden auf dem Kontinent. Auch die Schuldenkrise in der EU stellt die viele Staaten vor gewaltige Herausforderungen. Aus diesem Grund diskutiert das Europaparlament am Dienstag mit Vertretern der Kommission und des Rates über die Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

 

Im Blick haben die Verantwortlichen vor allem Länder wie Italien und Spanien - aber auch Frankreich. Sie haben nach der Corona-Pandemie so viele Staatsschulden angehäuft, dass deren Finanzierung angesichts steigender Zinsen zunehmend Sorge bereitet.

Lindner sorgt für großen Unmut in der EU

In dieser Situation hat jüngst hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner bei einem Treffen mit EU-Kollegen in Stockholm für Unmut gesorgt, da er Nachbesserungen an den Plänen der Kommission für die neue EU-Schuldenregeln gefordert hatte. Dem FDP-Politiker sind etwa die darin gemachten Aussagen zum Schuldenabbau zu schwammig. Es sei wichtig, „in Zahlen gegossene Anforderungen zu haben“, sagte Lindner.

Der von ihm kritisierte Reformplan der EU-Kommission sieht vor, hoch verschuldeten Ländern mehr Flexibilität beim Abbau von Schulden einzuräumen. Statt einheitlicher Vorgaben für alle Länder setzt die Behörde auf individuelle Wege für jedes Land, um die Defizite langfristig zu senken. Das aber genügt Deutschland nicht und fordert etwa beim Schuldenabbau strengere Mindestvorgaben.

Sparen beim Kampf gegen den Klimawandel?

Aus den Reihen der Grünen im Europaparlament kommt allerdings die Warnung, dass der Kampf gegen den Klimawandel wegen des geforderten Abbaus von Schulden ausgebremst werden könnte. „Wir brauchen mehr Investitionen, um unsere Wirtschaft fit für den globalen Wettbewerb und die Klimaziele zu machen“, sagt Rasmus Andresen, Sprecher der deutschen Grünen-Abgeordneten und fordert mehr Tempo bei der Reform. Einen Seitenhieb auf die FDP kann er sich dabei nicht verkneifen. „Die EU-Kommission muss nun mutig voranschreiten und sich nicht von Blockieren wie Bundesfinanzminister Lindner ausbremsen lassen,“ kommentiert er die Aussagen aus Deutschland. Andresen fordert etwa, dass Investitionen in Klimaprojekt von den Schuldenregeln ausgenommen werden müssen.

Noch weiter geht Damian Böselager, Abgeordneter der europäischen Volt-Partei im Europaparlament. Er schlägt – wie beim Corona-Rettungsfonds - ein neues, mit gemeinsamen Schulden finanziertes Investitionsprogramm der EU vor. Die EU solle ein Programm aufsetzen, um etwa europaweit drohende Lieferengpässe anzugehen und dort gezielt in Produktionskapazitäten zu investieren.

Nicht alle wollen neue Schulden machen

Markus Ferber erteilt dieser Idee eine deutliche Abfuhr. „Mehr Flexibilität und niedrigere Strafen sind genau der falsche Weg“, kommentiert der CSU-Europaparlamentarier den Reformvorschlag der EU-Kommission. Natürlich fordert auch er eine Reform, doch zeichne sich ab, dass die Fehler des alten Stabilitäts- und Wachstumspaktes wiederholt werden. So seien die angedrohten Strafen nie angewendet worden. „Die neuen Regeln setzen noch mehr auf Konsens“, kritisiert Ferber.

Die Diskussion im Parlament zeigt, dass die Verhandlungspositionen noch weit auseinander liegen. Viel Zeit für eine Einigung mit der Kommission und dem Rat bleibt allerdings nicht mehr. Im kommenden Jahr sollen die neuen Regeln für den Stabilitäts- und Wachstumspakt gelten.