EU-Kommission Eine Flut von Fragen an Teresa Ribera

Teresa Ribeira muss sich vielen Fragen stellen. Foto: imago/IMAGO/Tomas Tkacik

Spaniens Umweltministerin Teresa Ribera will eine der Vizepräsidentinnen der EU-Kommission werden. Sie ist allerdings entscheidend mitverantwortlich für die Flutkatastrophe in der Provinz Valencia, bei der über 200 Menschen ums Leben kamen.

Korrespondenten: Martin Dahms (mda)

Dass die Rambla del Poyo eine potenzielle Todesfalle ist, wussten die Fachleute seit langem. Vor gut zwei Wochen, am 29. Oktober, wurde sie eine reale. Nach einem Jahrhundertregen verwandelte sich das meistens trockene Bachbett im Osten Spaniens in einen reißenden Strom, mehr als 200 Menschen starben, die Verwüstungen sind enorm. Um eben solche Katastrophen zu vermeiden, gab der zuständige Wasserverband im Jahr 2006 ein Projekt zur „Umweltanpassung und Kanalisation des Poyo-Beckens“ in Auftrag. Drei Jahre später stand das Projekt fertig auf dem Papier. Weitere zwei Jahre später – Bürokratie ist Bürokratie – gab die damalige Staatssekretärin für den Klimawandel, Teresa Ribera, mit ihrer Unterschrift unter die Umweltverträglichkeitsprüfung grünes Licht für dessen Umsetzung. Danach geschah nichts.

 

Fragen zur Katastrophenvorsorge

Teresa Ribera will jetzt Vizepräsidentin der EU-Kommission werden (und wird es wahrscheinlich auch), als Zuständige für den „Sauberen, gerechten und wettbewerbsfähigen Übergang“. Deswegen musste sie sich am Dienstagabend in Brüssel zweieinhalb Stunden lang meistens unfreundliche Fragen von Abgeordneten des EU-Parlaments stellen lassen. Auch zur Flutkatastrophe im Osten Spaniens. Für Warnung und Nothilfe, sagte Ribera, sei in einem dezentralisierten System wie dem spanischen an erster Stelle die Regionalregierung – die in Valencia – verantwortlich. Zur Katastrophenvorsorge, ihrem eigenen Aufgabengebiet, hatte sie dies zu sagen: „Ja, es war Pech, dass die Krise die Investitionskapazitäten Spaniens mit sich riss. Die fehlende Unterstützung für den Haushalt macht es schwierig, in öffentliche Dienstleistungen zu investieren. Steuern zu senken macht es schwierig, Ressourcen zur Verfügung zu haben.“

Die Krise, von der Ribera sprach, ist die schwere Wirtschaftskrise von 2008. Sie selbst ist seit 2018 Umweltministerin einer Regierung, die sich zugutehält, den Kampf gegen den Klimawandel und dessen Folgen ganz oben auf ihrer Prioritätenliste zu haben. Der Wasserverband des Flusses Júcar, in dessen Zuständigkeit auch die Rambla del Poyo fällt, erinnerte immer wieder an die Dringlichkeit der Umsetzung des Investitionsplanes für das Poyo-Becken, den Ribera selbst noch als Staatssekretärin abgesegnet hatte. Auf einmal aber war eine neue Kosten-Nutzen-Analyse gefordert, oder der Schutz der traditionellen Gemüsegärten rund um Valencia schien wichtiger als die Katastrophenvorsorge. Ribera hatte sechs Jahre Zeit zum Handeln. Dass sie ihre Tatenlosigkeit mit Haushaltsnöten erklärt, spricht nicht für ihre Durchsetzungsfähigkeit.

Bei Investitionen Prioritäten setzen

Die 55-jährige Juristin soll sich in den vergangenen Monaten intensiv auf ihren neuen Posten in Brüssel vorbereitet haben, wo sie als sozialistisches Schwergewicht in der Kommission Ursula von der Leyens vorgesehen ist. In den Wochen seit der Flutkatastrophe fand sie noch keine Zeit, den Beitrag ihres Ministeriums zu den Überschwemmungen zu erläutern. Ein einziges Radiointerview gab sie, am vergangenen Freitag, wo sie sagte, dass man bei den Investitionen Prioritäten setzen müsse, um „immer dort“ zu beginnen, „wo es das größte Risiko gibt“. In einer Gefahrengegend wie rund um Valencia, wo schwere Unwetter wahrscheinlich sind, müsse man „besonders wachsam sein“. Womit Ribera vor allem ihre eigenen Versäumnisse beschrieb. Dass jedoch ihre Regierung in Madrid ebenso zum Desaster beigetragen habe wie die Regionalregierung Valencias, findet sie nicht. „Pardon – aber nein!“

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