EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager wirft Google und dem Mutterkonzern Alphabet vor, in drei Bereichen seine marktbeherrschende Stellung auszunutzen. Es geht um Shopping-Dienste, Sucmaschinen-Werbung und Handys.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Google ist weltweit gut unterwegs. Rund drei Viertel aller Suchanfragen, die Nutzer im Internet stellen, laufen über das Portal des US-Unternehmens, dessen Muttergesellschaft Alphabet heißt. Mit dem Erfolg kamen auch die Gegner. Kunden und Wettbewerber bezichtigen Google, unlautere Praktiken anzuwenden. In vielen Ländern sind die Kartellrechtsbehörden tätig, kritisieren Google-Geschäftsmethoden. Auch Datenschützer machen mobil. Aber am härtesten setzen die Aktivitäten von EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager dem Plattform-Konzern zu.

 

Die Dänin, die seit 2014 im Amt ist und die Ermittlungsakten von ihrem Vorgänger übernommen hat, lässt ihre Beamten gleich in drei Verfahren gegen Google antreten. Es geht um unterschiedliche Praktiken, der zentrale Vorwurf ist aber immer gleich: Google nutzt seine marktbeherrschende Stellung aus, um Konkurrenten und Kunden zu benachteiligen. In allen drei Fällen laufen die Ermittlungen, noch ist nichts abschließend, auch eine Niederschlagung der Fälle ist nicht ausgeschlossen. Doch klar ist, dass die Kommission drakonische Strafen verhängen kann. Grundsätzlich könnte sie in jedem der drei Fälle jeweils eine Strafe in Höhe von zehn Prozent eines Jahresumsatzes des gesamten Unternehmens festsetzen. Es geht also um horrende Summen: 2015 hat der Konzern einen Umsatz von rund 70 Milliarden Euro erzielt. Der Gewinn wurde mit 15 Milliarden Euro ausgewiesen.

Preisvergleichsdienst im Blick

Konkret wirft die Kommission Google vor, seine marktbeherrschende Stellung zu missbrauchen, indem es seinen eigenen Preisvergleichsdienst systematisch bevorzugt, wenn ein Nutzer im Internet googlet. Die Kommission befürchtet, dass den Nutzern bei ihrer Suche im Netz nicht immer die relevantesten Ergebnisse präsentiert werden. Um ähnliche Vorwürfe geht es bei einem zweiten Beschwerdepunkt, den Margrethe Vestager im Sommer ausführte, als sie die Verschärfung des Verfahrens ankündigte: „Wir haben Bedenken, dass Google den Wettbewerb behindert, indem es die Möglichkeiten von Konkurrenten begrenzt, Suchmaschinenwerbung auf Seiten Dritter zu platzieren.“ Damit könne den Verbrauchern finanziell Schaden entstehen, außerdem werde Innovation verhindert. Die Beamten werfen Google vor, bei der Vermittlung von Suchmaschinenwerbung mit unfairen Methoden zu arbeiten: Google diktiere in den Verträgen etwa, dass Dritte keine Suchmaschinenwerbung von Googles Konkurrenz beziehen dürften. Außerdem schreibe Google den Unternehmen vor, eine Mindestzahl an eigenen Suchmaschinenanzeigen abzunehmen und die besten Platzierungen bei den Suchergebnissen für Google-Suchmaschinenwerbung zu reservieren. Mehr noch: Google behält sich das Recht vor, Werbung der Konkurrenz auf den Seiten der Geschäftspartner zu untersagen.

Inzwischen haben Google und der Mutterkonzern auf die Vorwürfe der Kommission reagiert. Wie in Brüssel zu erfahren ist, verzichtet Google darauf, nun eine mündliche Anhörung zu beantragen. In der Anhörung können die Beschwerdeführer – es heißt rund 20 Unternehmen hätten sich über Google beklagt – den Fall noch einmal erörtern, Google kann sich verteidigen. Damit ist die Kommission am Zug: Sie entscheidet, ob die beiden Fälle weiter verfolgt werden. Es geht also darum, ob und in welcher Höhe eine Strafe fällig wird.

Betriebssysteme im Blick

Im dritten Fall geht es um Betriebssysteme für Handys und um Apps. Die Kommission hat im Frühjahr 2015 Ermittlungen eingeleitet, weil Google offenbar eine ausgeklügelte Strategie für Mobilgeräte verfolgt, um weiterhin bei Suchanfragen die Nummer eins zu bleiben. Demnach gelingt es dem Konzern, dass die Google-Suche auf den meisten in Europa verkauften Smartphones mit Android-Betriebssystem vorinstalliert ist. So wird Google zur Standardsuchmaschine. Konkurrenten werde so der Zugang zum Suchmaschinenmarkt versperrt. Google biete Herstellern und Betreibern von Mobilfunknetzen finanzielle Anreize, wenn diese ausschließlich die Google-Suche vorinstallierten. Auch in diesem Fall hat Google inzwischen eine schriftliche Stellungnahme abgegeben. Auch hier ist die Kommission nun am Zug und muss entscheiden, ob und in welcher Höhe Strafen fällig werden.